Entscheidungsstichwort (Thema)
Torkontrolle
Orientierungssatz
Zur Frage der Zulassung von Torkontrollen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 24.11.2010; Aktenzeichen 5 Ca 365/10) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 1 AZR 819/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom … 24. November 2010 – 5 Ca 365/10 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, bei Torkontrollen gemäß einer Betriebsvereinbarung Kontrollmaßnahmen zu dulden.
Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01. April 1971 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie ist Vorsitzende des Betriebsrates im gemeinsamen Betrieb der Beklagten und der A in Weiterstadt. Von dort aus vertreiben die beiden Unternehmen Kosmetika und Parfüme. Im Betrieb sind 410 Arbeitnehmer beschäftigt.
Mit dem Vorgängerbetriebsrat hatten die Arbeitgeber des Gemeinschaftsbetriebes am 08. Dezember 2009 eine Betriebsvereinbarung über die Durchführung von Torkontrollen abgeschlossen (Betriebsvereinbarung Torkontrollen). Darin ist u. a. geregelt:
„4. Durchführung der Torkontrollen:
4.1. Zum Schutze des persönlichen und betrieblichen Eigentums werden aus den Ausgangsdrehkreuzen durch dazu bestimmten Personen Kontrollen durchgeführt. Alle Betriebsangehörigen haben auf Verlangen über Betriebsprodukte in ihrem Besitz einen Nachweis vorzuzeigen (Kassenbon Personalverkauf).
4.2. Durch die beim Verlassen des Werkes notwendige Öffnung der Drehkreuze mittels des Werksausweises wird eine Auswahl der zu kontrollierenden Personen über einen Zufallsgenerator getroffen. Der Kontrollzyklus wird dem Betriebsrat mitgeteilt. Bei Verlassen des Werksgeländes über die Pforte kann ebenfalls jederzeit eine Kontrolle durchgeführt werden.
4.3. Die Kontrolle findet im Pförtnerraum an einer nicht einsehbaren Stelle statt. Die Kontrolle bezieht sich auf die Durchsicht mitgeführter Behältnisse, Jacken- und Manteltaschen. In begründeten Verdachtsfällen wird der Mitarbeiter aufgefordert, sämtliche Kleidertaschen (Hosen und Kleider) zu leeren. Weigert sich der Mitarbeiter dem nachzukommen, kann die Kontrolle auf Veranlassung der Firma durch die zuständige Polizei durchgeführt werden. Über jede durchgeführte Kontrolle wird ein Protokoll angefertigt. Dieses Protokoll ist von demjenigen zu unterzeichnen, der die Kontrolle durchgeführt hat und von dem/der betroffenen Mitarbeiter/in gegenzuzeichnen. Es dienst als Nachweis der Durchführung sowie hinsichtlich etwaig beschlagnahmter Gegenstände.”
Wegen des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung Torkontrollen wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 9, 10 d.A.) verwiesen.
Die im Betrieb der Beklagten Beschäftigten dokumentieren ihre Arbeitszeiten in einem elektronischen Zeiterfassungssystem. Die hierzu notwendigen Geräte sind auf dem Betriebsgelände, und zwar im Gebäude, installiert. Das Drehkreuz zum Verlassen des durch einen durchgängigen Zaun gesicherten Teils des Betriebsgeländes befindet sich außerhalb des Betriebsgebäudes. Die Pförtnerloge schließt sich an. Daran schließt sich der zum Betriebsgelände gehörende Parkplatz, der für Fußgänger an einer Schranke vorbei zugänglich ist.
Am 04. Juni 2010 dokumentierte die Klägerin ihr Arbeitszeitende am Zeiterfassungssystem im Betriebsgebäude und begab sich sodann zum Drehkreuz, um den Betrieb zu verlassen. Ein Zufallsgenerator bewirkte, dass für sie das Drehkreuz gesperrt blieb. Der Pförtner eines beauftragten Unternehmens kam hinzu und reichte der Klägerin seinen zum Aufheben der Sperre erforderlichen Ausweis durch den Zaun. Die Klägerin entriegelte das Drehkreuz und schritt hindurch. Der Aufforderung des Pförtners, ihm in den Pförtnerraum zu folgen, um eine Taschenkontrolle durchführen zu lassen, kam sie nicht nach.
Aus diesem Grund erteilte die Beklagte der Klägerin unter dem 18. Juni 2010 eine Abmahnung (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d.A.), auf die Bezug genommen wird.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihre Tasche kontrollieren zu lassen. Nach Durchschreiten des Drehkreuzes habe sie sich nicht mehr auf dem Betriebsgelände befunden. Ihre Arbeitszeit habe schon zuvor mit der Betätigung des Zeiterfassungsgeräts geendet, danach sei sie keinen Weisungen des Arbeitgebers mehr unterworfen und habe nicht die Verpflichtung, Kontrollen zu dulden. Die verlangte Taschenkontrolle stelle einen unzulässigen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar. Die Betriebsvereinbarung sei rechtswidrig.
Die Klägerin hat beantragt,
die Abmahnung vom 18. Juni 2010 aus der Personalakte zu entfernen und festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, außerhalb ihrer Arbeitszeit und / oder nach Verlassen des Betriebsgeländes und / oder durch Dritte Kontrollmaßnahmen zu dulden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Betriebsvereinbarung Torkontrolle...