Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Vergütungsgruppe. Rückzahlungsanspruch des Strukturausgleichs. Berufung auf Einrede der Entreicherung
Leitsatz (amtlich)
"Vergütungsgruppe" im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund in Verbindung mit Anlage 3 TVÜ-Bund ist die Vergütungsgruppe, in die der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD tatsächlich, auch nach bereits erfolgtem Zeit- oder Bewährungsaufstieg eingruppiert war und nicht die "originäre" Vergütungsgruppe (Anschluss an BAG vom 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - und vom 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 -).
Zu Unrecht gezahlten Strukturausgleich kann der Arbeitgeber zurückverlangen.
Die Berufung auf die Einrede der Entreicherung ist dem Arbeitnehmer verwehrt, wenn er durch eine entsprechende Mitteilung des Arbeitgebers wußte, dass der monatliche Strukturausgleich möglicherweise zu Unrecht gezahlt wird.
Normenkette
BGB §§ 812, 818 Abs. 4, 3, § 820 Abs. 1; TVÜ-Bund § 12 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.05.2013; Aktenzeichen 18 Ca 6645/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 07. Mai 2013 - 18 Ca 6645/12 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von monatlich 85 € brutto ab 01. Juni 2011 als sogenanntem Strukturausgleich nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts, im Folgenden TVÜ-Bund.
Der am 27. Mai 1953 geborene Kläger ist ab 1. August 1989 bei der Beklagten im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle als Diplomingenieur beschäftigt, und zwar auf Grund des Arbeitsvertrages vom 10. Juli 1989, in dem es u. a. heißt:
§ 3
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.
Nach 10-jähriger Bewährung wurde der Kläger im Jahre 2002 von der Vergütungsgruppe III BAT im Wege des Fallgruppenaufstiegs in die Vergütungsgruppe II a BAT höhergruppiert.
Am 01. Oktober 2005 trat der den BAT ablösende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in Kraft. In diesen wurde der Kläger übergeleitet und erhielt danach Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 TVöD (Grundvergütung 3.419,91 € brutto) und den Ortszuschlag der Stufe 2. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die tarifliche Lebensaltersstufe 45 erreicht.
Im Jahre 2007 prüfte die Beklagte, ob dem Kläger ein Strukturausgleich nach § 12 Abs. 2 TVÜ-Bund zusteht. Sie kam zu dem Ergebnis, das sich im Schreiben der Beklagten vom 04. September 2007 wie folgt wiederfindet:
"Überleitung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD); Strukturausgleich gem.§ 12 TVÜ
Sehr geehrter Herr A.,
ein Bestandteil der zum 01.10.2005 vollzogenen Überleitung der Tarifbeschäftigten in den TVöD ist die Festlegung von festen monatlichen Zahlungen, die frühestens ab dem 01.10.2007, zum Teil jedoch auch erst in den Folgejahren beginnen und zum Teil befristet, zum Teil auf Dauer gezahlt werden.
Diese Beträge wurden in einer von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Tabelle festgelegt. Die vereinbarten Beträge sind nicht dynamisch und nehmen an künftigen Entgelterhöhungen nicht teil. Die Tabelle ist im Intranet eingestellt.
Die Zahlung eines Strukturausgleichs ist abhängig von der Vergütungsgruppe und Stufe, aus der die Überleitung in den TVöD erfolgt ist. Ebenfalls maßgebend ist das Ortszuschlagmerkmal zum Zeitpunkt der Überleitung.
Teilzeitbeschäftigten steht der Strukturausgleich anteilig entsprechend dem Verhältnis der verminderten Arbeitszeit zur Vollbeschäftigung zu.
Erfolgt während der Zahlung eines Strukturausgleichsbetrages eine Höhergruppierung, wird der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt darauf angerechnet.
Nach meinen Feststellungen erhalten Sie ab 01.10.2007 einen monatlichen Strukturausgleichsbetrag in Höhe von 85 € auf Dauer."
Die Beklagte orientierte sich dabei an der Strukturausgleichstabelle der Anlage 3 TVÜ-Bund, die auszugsweise lautet:
Entgelt-gruppe |
Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ |
Aufstieg |
Ortzuschlag-stufe 1, 2 |
Lebensalters-stufe |
Höhe Ausgleichs-betrag |
Dauer |
bei In-Kraft-Treten TVÜ |
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III |
IIa nach 10 Jahren |
OZ 2 |
43 |
85 € |
dauerhaft |
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Wie erkennbar ging die Beklagte von der Vergütungsgruppe III BAT in der Spalte 2 der Tabelle aus in der Annahme, dass auf die Vergütungsgruppe des BAT abzustellen sei, in welche der Beschäftigte bei In-Kraft-Treten des TVÜ-Bund, also am 01. Oktober 2005, originär (d. h. nicht auf Grund eines Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiegs) eingruppiert gewesen ist. Außerdem legte die Beklagte beim Kläger, wie ebenfalls aus der Tabelle ablesbar, eine Lebensaltersstufe von 43 statt tatsächlich 45 zugrunde. Nach der Verkündung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 2010 (6 AZR 962/08) überprüfte die Beklagte die F...