Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Kein Verstoß einer Betriebsvereinbarung zur Einführung eines Arbeitszeitkontos gegen Tarifsperre. Beachtung des Günstigkeitsprinzips bei Einführung eines Arbeitszeitkontos. Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für geleistete Überstunden. Verwirkung von Ansprüchen bei positiver Kenntnis der Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung. Kein Anspruch auf Weihnachtsgeld bei fehlender betrieblicher Übung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zwischenfeststellungsklage zur Feststellung des Umfanges der monatlichen Arbeitszeit ist zulässig.

2. Tarifliche geregelte Arbeitsbedingungen können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 2, § 287

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.11.2018; Aktenzeichen 5 Ca 41/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.08.2021; Aktenzeichen 1 AZR 191/20)

 

Tenor

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2018 - 5 Ca 41/18 - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt klarstellend neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitszeit des Klägers 156,60 Stunden pro Monat beträgt.

Die Beklagte wird verurteilt, 710,60 Plusstunden in das Arbeitszeitkonto des Klägers einzustellen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 379,35 (in Worten: Dreihundertneunundsiebzig und 35/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  1. aus EUR 54,96 (in Worten: Vierundfünfzig und 96/100 Euro) seit dem 1. September 2014,
  2. aus weiteren EUR 29,55 (in Worten: Neunundzwanzig und 55/100 Euro) seit dem 1. Oktober 2014,
  3. aus weiteren EUR 49,27 (in Worten: Neunundvierzig und 27/100 Euro) seit dem 1. November 2014,
  4. aus weiteren EUR 168,86 (in Worten: Einhundertachtundsechzig und 86/100 Euro) seit dem 1. Dezember 2014 und
  5. aus weiteren EUR 76,71 (in Worten: Sechsundsiebzig und 71/100 Euro) seit dem 1. Januar 2015

zu zahlen (Schichtzuschläge 2014).

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 833,52 (in Worten: Achthundertdreiunddreißig und 52/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  1. aus EUR 38,58 (in Worten: Achtunddreißig und 58/100 Euro) seit dem 1. Februar 2015,
  2. aus weiteren EUR 71,18 (in Worten: Einundsiebzig und 18/100 Euro) seit dem 1. März 2015,
  3. aus weiteren EUR 55,03 (in Worten: Fünfundfünfzig und 03/100 Euro) seit dem 1. April 2015,
  4. aus weiteren EUR 87,62 (in Worten: Siebenundachtzig und 62/100 Euro) seit dem 1. Mai 2015,
  5. aus weiteren EUR 93,97 (in Worten: Dreiundneunzig und 97/100 Euro) seit dem 1. Juni 2015,
  6. aus weiteren EUR 50,48 (in Worten: Fünfzig und 48/100 Euro) seit dem 1. Juli 2015,
  7. aus weiteren EUR 92,84 (in Worten: Zweiundneunzig und 84/100 Euro) seit dem 1. August 2015,
  8. aus weiteren EUR 27,89 (in Worten: Siebenundzwanzig und 89/100 Euro) seit dem 1. September 2015,
  9. aus weiteren EUR 78,44 (in Worten: Achtundsiebzig und 44/100 Euro) seit dem 1. Oktober 2015,
  10. aus weiteren EUR 55,46 (in Worten: Fünfundfünfzig und 46/100 Euro) seit dem 1. November 2015,
  11. aus weiteren EUR 110,40 (in Worten: Einhundertzehn und 40/100 Euro) seit dem 1. Dezember 2015 und
  12. aus weiteren EUR 71,62 (in Worten: Einundsiebzig und 62/100 Euro) seit dem 1. Januar 2016

zu zahlen (Schichtzuschläge 2015).

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger 76 % und die Beklagte 24 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 76 % und die Beklagte 24 % zu tragen.

Die Revision wird hinsichtlich der Klageforderung auf Vergütung von Mehrarbeit für die Kalenderjahre 2014, 2015, 2016 und 2017 (Anträge Ziff. 1 bis 4 der Berufungsschrift vom 7. März 2019) zugelassen; im Übrigen nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin über den Umfang der vertraglichen Arbeitszeit, Vergütungsansprüche für geleistete Mehrarbeit in den Jahren 2014 bis 2017, ein Arbeitszeitkonto, Schichtzuschläge für die Jahre 2014 und 2015 sowie über Ansprüche auf Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Der Kläger ist seit dem 9. Oktober 1995 und seit dem 1. September 1996 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15. August 1996 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. In dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag ist unter anderem folgendes geregelt:

„…

3. Vergütung

Der Mitarbeiter erhält einen monatlichen Bruttomonatslohn auf der Basis von 156,60 Stunden in Höhe von:

Grundlohn in Lohngruppe VI DM 3.021,92

Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, in 2 bzw. 3 Schichten zu arbeiten. Die Arbeitszeit richtet sich nach den innerbetrieblichen Regelungen.

4. Weihnachtsgratifikation

Der Mitarbeiter erhält eine Weihnachtsgratifikation nach den betrieblichen Regeln

5. Urlaubsanspruch/Urlaubsgeld

Es wird ein zusätzliches Urlaubsgeld nach den betrieblichen Regeln gezahlt. ...

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