keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit. Tarifvertrag. arbeitsvertraglicher Inbezugnahme. Gleichstellungsabrede. Tarifkonkurrenz. Nachwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Konkurrenz zwischen einen (speziellen) Haus-Tarifvertrag und dem Flächentarifvertrag ist nach der Spezialitätsregel auch dann zugunsten des Haus-Tarifvertrages zu lösen, wenn dieser lediglich nachwirkt. Die Lösung einer solchen Tarifkonkurrenz nach einer sog. „Qualität der Tarifnormen” zugunsten des nicht nur nachwirkenden Flächentarifvertrages ist abzulehnen.

 

Normenkette

TVG 4 I; TVG 4 III; TVG 4 V

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.12.2004; Aktenzeichen 7/1 Ca 10886/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen 4 AZR 671/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2004 – 1/7/1 Ca 10886/03 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers seit dem 01. April 2003.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14. Juni 1993 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Grundlage ist der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. Juni 1993 (Ablichtung Bl. 88/88R d. A.). Ziffer 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages lautet:

„Dem Arbeitsverhältnis liegen die jeweils gültigen Tarifverträge der Brot- und Backwarenindustrie zugrunde.”

In Ziffer 13 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist bestimmt:

„Soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen werden, gelten gesetzliche und die jeweils gültigen tarifvertraglichen Vorschriften sowie die betrieblichen Vereinbarungen und Anweisungen.”

Der Kläger ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Shop-Bäckerei eingesetzt und wird nach Lohngruppe 6 des jeweils gültigen Lohn- und Gehaltstarifvertrages der hessischen Brot- und Backwarenindustrie vergütet.

3 der einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die Brot- und Backwarenindustrie Hessen, abgeschlossen jeweils zwischen dem Verband deutscher Großbäckereien e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, sahen und sehen Tariflöhne gestaffelt nach sechs Lohngruppen wie folgt vor:

„Lohngruppe

1.

Schichtführer, leitende Konditoren

115 %

2.

Ofenführer, Maschinenführer(Anlagenführer), … Teigmacher, sonstige Handwerker

110 %

3.

Kraftfahrer, Verkaufsfahrer

105 %

4.

Bäcker

100 %

5.

ungelernte Arbeitskräfte mit … schwerer oder schwieriger Arbeit

90 %

6.

ungelernte Arbeitskräfte mit einfacher Arbeit … wie z.B. Brot schneiden, Einpacken, Glasieren, Zuckern, Putzarbeiten

82 %”

§ 5 Ziff. 2 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für die hessische Brotindustrie vom 04. Dezember 1996 lautet:

„Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten aus, so wird er in die Tarifgruppe eingestuft, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht.”

Mit Datum vom 14. Juli 2000 trafen die Beklagte und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, eine „Ergänzungsvereinbarung zu § 3 (Lohngruppe 6) des Lohn- / Gehaltstarifvertrages Brotindustrie – Hessen – in der jeweils gültigen Fassung”, wonach sie „nachstehende Protokollnotiz” zum genannten Lohn- und Gehaltstarifvertrag abschlossen. Wegen des vollständigen Wortlauts dieser Ergänzungsvereinbarung nebst Anlagen wird auf die Ablichtung (Bl. 43 – 48 d. A.) Bezug genommen. Sie lautet auszugsweise:

㤠1 Geltungsbereich

a) räumlich:

für die Betriebsstätte X, Y-Str.

b) fachlich und persönlich:

für alle Arbeitnehmer des o. g. Betriebes(die Mitglied der Gewerkschaft NGG im DGB sind)*.

1. Die Vertragsparteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass aufgrund der Arbeitsorganisation in der Produktion eine differenziertere Beschreibung der Tätigkeiten aller gewerblicher Arbeitnehmer sinnvoll ist. Insbesondere ist eine differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen sind, notwendig.

2. Die beschriebenen Tätigkeiten werden nach den Kriterien Belastungen, Fähigkeiten/ Fertigkeiten und Verantwortung gewichtet. … Sind die Kriterien … erfüllt, wird ein jeweils 2%iger Zuschlag, ausgehend von der Tariflohngruppe 6, gewährt. Für die Kriterien … kann ein 1%iger Zuschlag, ausgehend von der Tariflohngruppe 6, gewährt werden.

3. Tätigkeitsbeschreibungen und Gewichtungen entsprechend der aufgeführten Kriterien ergeben sich aus den Anlagen 1 – 4 dieser Vereinbarung. Die Anlagen 1 – 4 sind Vertragsbestandteil.

5. Die Einstellung der Arbeitnehmer, soweit sie nicht nach Art und Zuordnung den Bewertungsgruppen 1 – 5 einzustellen sind, erfolgt in die Lohngruppe 6.

8. Aus Anlaß des Inkrafttretens dieser Protokollnotiz dürfen bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden.

9. Diese Protokollnotiz tritt zum 01.08.2000 in Kraft. Sie kann mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsschluß gekündigt werden, erstmals zum 31.12.2001.

Sie endet ohne Nachwirkung zu dem Zeitpunkt, wenn durch Tarifregelung die Differenz zwischen...

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