Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Tarifliche Ausschlussfrist
Leitsatz (amtlich)
Die tarifliche Ausschlussfrist des § 18 Ziff. 4 MTV für den Hessischen Einzelhandel erfasst auch deliktische Ansprüche des Arbeitgebers, dies jedenfalls dann, wenn zugleich die Voraussetzungen der positiven Vertragsverletzung erfüllt sind. Erhält der Arbeitgeber erst nach Beendigung Kenntnis von der unerlaubten Handlung, beginnt die zweimonatige Ausschlussfrist mit der Kenntniserlangung.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266; MTV Hess. Einzelhandel § 18
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 17.12.1998; Aktenzeichen 2 Ca 177/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 1998 – 2 Ca 177/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich um Schadensersatzansprüche wegen einer dem Beklagten vorgeworfenen Straftat.
Die Klägerin betreibt ein Einrichtungshaus. Der Beklagte war bei ihr vom 1. Jan. 1996 bis zum 31. Mai 1996 als Abteilungsleiter der Verkaufsabteilung „Junges Wohnen” mit einem Bruttomonatsgehalt von DM 7000 nebst Umsatzprovision und Prämien beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete in gegenseitigem Einvernehmen.
Am 16. Febr. 1996 verkaufte der Beklagte der Kundin Frau R. ein Jugendzimmer, das mit einem Preis von DM 4.801 ausgezeichnet war, für DM 3.500. Der Beklagte nahm den Betrag bar von der Kundin entgegen. Bei der Klägerin existiert eine Preisgarantie dergestalt, dass die Kunden berechtigt sind, für Waren, die sie anderswo billiger sehen, auch bei der Klägerin nur diesen Preis zu zahlen.
Am 24. Dez. 1996 erstattete die Klägerin gegen den Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkauf des Jugendzimmers Strafanzeige wegen Unterschlagung. Am 9. Juni 1997 wurde der Beklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth (Az.: 4 Js 13942.0/97) wegen der Einbehaltung eines Betrages von DM 3.500 gem. § 266 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à DM 80 verurteilt. Der Strafbefehl wurde am 26. Juni 1997 rechtskräftig.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag des Hessischen Einzelhandels Anwendung. Außerdem ist in § 17 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags vereinbart, dass die Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.
§ 18 der Manteltarifverträge des Hessischen Einzelhandels vom 31. März. 1994 und 24. Sept. 1996 lauteten/lauten:
Nicht erfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind dem Arbeitgeber gegenüber folgendermaßen geltend zu machen:
- Ansprüche aus Mehrarbeitsvergütung und Zuschläge aller Art. innerhalb von drei Monaten, gerechnet vom Gehalts – bzw. Lohnzahltag an, an welchem dem/der Arbeitnehmer/in die Abrechnung für den betreffenden Abrechnungszeitraum ausgehändigt wurde.
- Alle übrigen Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind spätestens binnen zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend zu machen.
- Diese Fristen sind Ausschlußfristen. Ansprüche, die nicht vor Ablauf dieser Fristen schriftlich geltend gemacht werden, erlöschen.
- …
- Für Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem/der Arbeitnehmer/in aus dem Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen der Ziff 1 und 2 sinngemäß.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe den Kaufpreis des Jugendzimmers nur deshalb um DM 1300 reduziert, um die Kundin R. zum sofortigen Barkauf zu bewegen. Den eingenommenen Betrag von DM 3.500 habe er nicht an der Kasse abgeliefert, sondern für sich behalten. Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Ausschlußfrist des § 18 Ziff. 4 des Manteltarifvertrags des Hessischen Einzelhandels sei auf Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB nicht anwendbar und verweist insofern auf ein entsprechendes Urteil des Hess. LAG vom 16. April 1997 (2 Sa 512/96).
Die Klägerin hat mit ihrer am 26. Jan. 1998 beim Amtsgericht Fürth eingegangen und dem Beklagten am 4. Febr. 98 zugestellten Klage beantragt.
den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 4.801.00 nebst 5,5 % Zinsen seit dem 17.02.1996 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, er sei zu der Reduzierung des Kaufpreises auf DM 3.500 in seiner Stellung als Abteilungsleiter im Zusammenhang mit der bei der Klägerin bestehenden Preisgarantie berechtigt gewesen. Insoweit hat er behauptet, die Kundin R. habe ihm erklärt, das Jugendzimmer in einem anderen Möbelhaus zu diesem Preis gesehen zu haben.
Der Beklagte hat weiterhin behauptet, er habe den Betrag von DM 3.500 zusammen mit dem Auftragszettel an der Kasse abgegeben. Gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth habe er sich deshalb nicht gewehrt, weil er einen Schlußstrich unter die unerfreuliche Zusammenarbeit mit der Klägerin habe ziehen wollen.
Der Beklagte ist schließlich der Meinung gewesen, denkbare Schadensersatzansprüche der Klägerin seien jedenfalls verfallen, da 18 Ziff. 4 MTV des Hessischen Einzelhandels auch delikt...