Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstandspflicht des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG. Umfassungszusage des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG
Leitsatz (amtlich)
Bei einer betrieblichen Altersversorgung im Durchführungsweg über eine Pensionskasse hat der Arbeitgeber aufgrund seiner Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch die Herabsetzung der Rentenfaktoren im laufenden Arbeitsverhältnis durch Übernahme der zur Erhaltung des ursprünglichen Rentenniveaus erforderlichen "Zusatzbeträge" auszugleichen; Dies gilt jedenfalls soweit Versorgungsversprechen nach dem 01. Juli 2002 betroffen sind, auch für die auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhenden Rentenleistungen (Umfassungszusage).
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Betriebsrentenrecht wird zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und dem Durchführungsweg der Altersversorgung unterschieden. Wird die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg erbracht, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall erforderlichenfalls aus seinem eigenen Vermögen die Versorgungsleistung zu verschaffen, die er dem Arbeitnehmer versprochen hat. Dies ist die Einstandspflicht des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, die sowohl den Erfüllungsanspruch des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers als auch den Anspruch auf Einhaltung des Durchführungsweges umfasst.
2. Bei einer Altersversorgungszusage über den Durchführungsweg Pensionskasse, zu dem auch der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung leistet, kann sich nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG ergeben, dass der Arbeitgeber auch für die aus den Beiträgen des Arbeitnehmers resultierenden Leistungen einzustehen hat. Dies ist der Fall bei einer sog. "Umfassungszusage", die jedenfalls im Fall der Co-Finanzierung der Pensionskasse durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen umfasst. Eine solche "Umfassungszusage" kann sich dabei sowohl aus einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers als auch durch Auslegung seiner Zusage oder stillschweigend-konkludent aus den Umständen ergeben.
Normenkette
BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.11.2017; Aktenzeichen 21 Ca 4366/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der klagenden Partei wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 30. November 2017 - 21 Ca 4366/17 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, zu Gunsten der klagenden Partei auf das Beitragskonto Nr. xxxxxxx-x beim BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. einen Zusatzbeitrag von 586,72 EUR (in Worten: Fünfhundertsechsundachtzig und 72/100 Euro) für die Monate Januar 2017 bis April 2018 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der klagenden Partei zum Ausgleich der sich aus der Reduzierung der Rentenfaktoren ergebenden Deckungslücke monatlich einen um 36,67 EUR (in Worten: Sechsunddreißig und 67/100 Euro) erhöhten Betrag zu ihren Gunsten auf das Beitragskonto Nr. xxxxxxx-x beim BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die von der Pensionskasse vorgenommene Reduzierung der Rentenfaktoren durch Zahlung eines Zusatzbeitrages auf das Beitragskonto des Klägers auszugleichen hat.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die von der Pensionskasse vorgenommene Reduzierung der Rentenfaktoren durch Zahlung eines Zusatzbeitrages auf das Beitragskonto des Klägers auszugleichen hat.
Der 1968 geborene Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 25. August 1999 (vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 6 – 10 d. A.) seit dem 09. September 1999 als Kassierer bei der Beklagten beschäftigt.
Ausweislich des als Anlage K 2 zur Klageschrift vorgelegten Versicherungsscheins vom 01. Februar 2005 (Bl. 11 d. A.) meldete die Beklagte den Kläger zum 01. Januar 2003 zur Pensionskasse des BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. (im Folgenden: BVV) im Tarif DN des BVV an. Hinsichtlich der Tarifbedingungen des Tarifs DN und hinsichtlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Tarifs DN des BVV wird auf die Anlagen K 5 und K 7 zum Schriftsatz des Klägers vom 21.September 2017 (Bl. 74 – 88 und Bl. 91 – 93 d. A.) verwiesen.
Die Mitgliederversammlung des BVV hat am 24. Juni 2016 beschlossen, von dem satzungsmäßigen Recht Gebrauch zu machen, die Rentenfaktoren in Tarifen mit einem kalkulierten Rechnungszins von vier Prozent zu reduzieren. Auf die Satzung des BVV (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl.13 – 17 d. A.) wird verwiesen. Der Beschluss des BVV führt in seiner Umsetzung dazu, dass die Rentenfaktoren im Tarif DN um 24,02 % herabgesenkt wurden. Die Änderung gilt für bestehende Versicherungsverhältnisse ab dem 01. Januar 2017 und insoweit für Rentenbausteine aus Beiträgen, die ab dem 01. Januar ...