Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Benachteiligung i.S. von § 3 AGG. Anforderungen an die Eignung eines Bewerbers um eine Stelle als Rechtsanwalt in einer international tätigen Kanzlei
Leitsatz (amtlich)
Eine Benachteiligung iSv. § 3 AGG setzt eine weniger günstige Behandlung in einer vergleichbaren Situation vor. Eine vergleichbare Situation erfordert eine objektive Eignung für eine ausgeschriebene Stelle. Zu der objektiven Eignung für die Stelle eines Rechtsanwalts in einer international tätigen Kanzlei kann auch das Erreichen von Mindestnoten in den Examen gehören.
Verlangt eine international tätige Kanzlei berechtigt überdurchschnittliche Examina, so reichen zwei Benotungen mit der Note "befriedigend" nicht aus.
Ausnahmsweise war die Entschädigungsklage auch als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil der Kläger auf seiner eigenen Homepage noch zur Zeit seiner Bewerbung bei der Beklagten den Umgang mit Mandanten und Mandaten in "Anwaltsfabriken" als äußerst schlecht dargestellt hatte.
Normenkette
AGG; AGG § 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.09.2013; Aktenzeichen 9 Ca 1365/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. September 2013 - 9 Ca 1365/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Der Kläger beansprucht eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung wegen seines Lebensalters.
Die Beklagte ist eine weltweit tätige Anwaltspartnerschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht des Staates A in den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie unterhält ausweislich ihres Briefbogens Anwaltsbüros in B., C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R und in S. Mehr als 90% der weltweiten Arbeitnehmer und Partner der Beklagten sind der deutschen Sprache nicht mächtig. In ihrer Partnerschaft existieren drei hierarchische Ebenen. Angestellte Anwälte beginnen ihre Karriere als Associate und können nach circa sieben Berufsjahren zum Partner befördert oder in die Position eines Counsel versetzt werden. Ab dem achten Berufsjahr beschäftigt die Beklagte typischerweise keine Associates mehr.
Sie inserierte in der Neuen Juristischen Wochenschrift vom 17. Januar 2013 eine Stellenanzeige. In dieser heißt es:
"Eröffnen Sie sich eine neue Perspektive als Rechtsanwalt (m/w) in G in einem der Fachbereiche
- Banking & Finance
- Employment & Benefits
- Real Estate
- Tax
Wir suchen Berufseinsteiger und Rechtsanwälte mit erster Berufserfahrung. Neben überdurchschnittlichen Examina und hervorragenden Englischkenntnissen verfügen Sie idealerweise über L.L.M. oder Promotion. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, im Team an spannenden Projekten zu arbeiten und kreative Lösungen für unsere Mandanten zu entwickeln. Sie sind interessiert? Dann sprechen Sie uns bitte an."
Auch die Stellenanzeige enthält in der Fußzeile den Hinweis auf die Partnerschaft nach amerikanischem Recht.
Der 1953 geborene Kläger ist promovierter Rechtsanwalt und betreibt seit 1988 eine Rechtsanwaltskanzlei in T mit den Tätigkeitsschwerpunkten Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Straf- und Zivilrecht. Er betreibt eine eigene Homepage. Darauf hieß es auszugsweise (Bl. 188 d.A.):
"Der Beruf - Die Berufung
Viele Anwälte organisieren sich in "Anwaltsfabriken". In solchen Fabriken sind Sie eine Nummer, die am Fließband behandelt und herumgeschoben wird. Wenn ein Anwalt in eine andere Kanzlei wechselt, die bisher immer Ihre Prozess-Gegner vertreten hat, haben Sie das Nachsehen. Wo bleibt das Vertrauen, das Sie in Ihren Anwalt gesetzt haben?
Als Einzelanwalt bin ich ganz alleine für Sie da. Sie haben immer den gleichen Ansprechpartner. ..."
Mit Stand am Tag vor der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer fehlt auf der Homepage des Klägers der erste Absatz. Er hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, er habe diese Änderung vorgenommen.
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 18. Januar 2013. Das Schreiben hat - soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung - folgenden Inhalt:
"....
ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in T als Rechtsanwalt tätig, jedoch grundsätzlich örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.
....."
Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen (Bl. 30 - 41 d.A.) gehört auch das Abiturzeugnis des Klägers (Bl. 32 - 34 d.A.). Aus dem Abiturzeugnis ergibt sich, dass der Kläger vor Beginn der 12. Klasse das Pflichtfach Englisch mit der Note "ausreichend" abgeschlossen hat. Sein Lebenslauf (Bl. 31 d.A.) und die weiteren Bewerbungsunterlagen lassen nicht erkennen, dass er danach Kontakt mit der englischen Sprache hatte. Die beigefügten Examenszeugnisse aus den Jahren 1979 und 1983 lassen jeweils die Note "befriedigend" erkennen, nicht hingegen die Punktzahl. Ausweislich der Bescheinigungen d...