Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorruhestand im Baugewerbe
Leitsatz (amtlich)
Bei Vorruhestandsleistungen auf Grund des Vorruhestandstarifvertrages im Baugewerbe handelt es sich um „Bezüge der Arbeitnehmer aus einem Arbeitsverhältnis mit dem Gemeinschuldner” im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KO.
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.02.1989; Aktenzeichen 1 Ca 5376/88) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 14.2.1989 (AZ: 5376/88) abgeändert:
Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte DM 1.113,52 (i.W.: Eintausendeinhundertdreizehn 52/100 Deutsche Mark) nebst 4% Zinsen seit dem 29.6.1989 zu zahlen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 1.113,52 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Qualifikation eines auf die Beklagte übergegangenen Anspruchs auf Zahlung von Vorruhestandsleistungen für die letzten 6 Monate vor Konkurseröffnung als Masseforderung.
Über das Vermögen der Fa. E. B. G. wurde am 1.12.1986 das Konkursverfahren eröffnet. Zum Konkursverwalter wurde der Kläger bestellt. Der zuvor bei der Gemeinschuldnerin die einen baugewerblichen Betrieb unterhielt, beschäftigte K. S. erhält seit 1986 Vorruhestandsleistungen.
Die Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die u.a. die Aufgabe hat, baugewerblichen Arbeitgebern Vorruhestandsleistungen, die sie ihren Arbeitnehmern erbracht haben, zu erstatten und für den Fall daß die Arbeitgeber insoweit werden, den Vorruheständlern Vorruhestandsleistungen wie ein Arbeitgeber zu gewähren.
Die Beklagte hat Vorruhestandsleistungen an K. S. erbracht. Sie macht gegen den Kläger seinen auf sie übergegangenen Anspruch in Höhe von 10 % der in der Zeit vom 1.8. bis zum 1.12.1986 erbrachten Vorruhestandsleistungen in Höhe von 1.113,52 DM geltend. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei den tariflichen Vorruhestandsleistungen handele es sich nicht um Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, da mit Beginn des Vorruhestandes das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als beendet gelte. Selbst wenn Vorruhestandsleistungen Masseschulden darstellten, müsse die Herabstufung zu einer Konkursforderung gem. § 59 Abs. 2 KO erfolgen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von 1.113,52 als Masseforderung aus übergegangenem Recht für gem. § 11 Vorruhestandstarifvertrag an den Arbeitnehmer K. S. gewährten Vorruhestandsleistungen im Zeitraum August 1986 bis Dezember 1986 hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die übergegangenen Vorruhestandsleistungen für die letzten 6 Monate vor Konkurseröffnung seien als Masseforderung anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen. Gegen das ihm am 20.2.1989 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7.3.1989 Berufung eingelegt und diese am 5.4.1989 begründet.
Die Beklagte hat mit bei Gericht am 23.6.1989 und dem Kläger am 29.6.1989 zugestellten Schriftsatz unselbständige Anschlußberufung eingelegt.
Der Kläger vertieft das Vorbringen erster Instanz und beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.113,52 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts.
Beide Parteien haben bezüglich des Feststellungsantrages des Klägers die Hauptsache für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Anschlußberufung der Beklagten ist zulässig. Zwar verliert eine sog. unselbständige Anschlußberufung ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen wird (§ 522 Abs. 1 ZPO). Dies gilt jedoch nicht für den Fall, daß die Hauptsache für erledigt erklärt wird (vgl. BGH NJW 1964, S. 103). Dafür, daß in der Erledigungserklärung des Klägers eine Zurücknahme der Berufung oder ein Verzicht auf die Berufung liegt, waren Anhaltspunkte nicht erkennbar. Die Erledigungserklärung ist deshalb erfolgt, weil die Zahlungsklage der Beklagten den umfassenderen Antrag darstellt und eine Entscheidung über den Feststellungsantrag des Klägers mitherbeiführt. Wie der Vortrag des Klägers auch nach Erledigungserklärung zeigt, hat er seinen Rechtsstandpunkt weiterverfolgt und ist dem Zahlungsbegehren der Beklagten weiter entgegengetreten.
In der Sache selbst tritt das Berufungsgericht der Entscheidung des Arbeitsgerichts in vollem Umfange bei. Der Kläger ist zur Zahlung des auf die Beklagte übergegangenen Vorruhestandsgeldes in der geltend gemachten Höhe verpflichtet. Mit Rücksicht auf die Erledigungserklärung des Klägers und die Anschlußberufung des Beklagten war das Urteil entsprechend dem Antrag der Beklagten abzuändern.
Die Beklagte hat dem Arbeitnehmer K. S., der bei der Gemeinschuldnerin beschäfti...