Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich der Befristungskontrollklage nach § 17 S. 1 TzBfG. Ergänzende Auslegung einer vertraglichen Verlängerungsklausel. Arbeitsvertrag mit Verlängerungsklausel eines Fußballspielers
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Streit über den Zeitpunkt der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unterfällt dem Anwendungsbereich des § 17 S. 1 TzBfG.
2. Die ergänzende Auslegung eines Vertrags geht der Anpassung desselbigen nach § 313 Abs. 1 BGB voraus.
3. Der Eintritt der Vertragsverlängerung bei entsprechender Zahl von Spieleinsätzen ist nicht gegeben und wegen der Corona-Pandemie auch nicht anders zu bewerten.
Normenkette
TzBfG § 17 S. 1; BGB § 313 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 09.12.2020; Aktenzeichen 4 Ca 270/20) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 09. Dezember 2020 – 4 Ca 270/20 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Zeitpunkt, zu dem ihr befristetes Arbeitsverhältnis geendet hat
Der am xx.xx.1986 geborene Kläger hat mit der beklagten Gesellschaft mit Sitz in A welche als DFB-Mitglied mit ihrer 1. Mannschaft in der Spielzeit 2019/2020 in der Regionalliga Südwest spielte, einen befristeten Arbeitsvertrag als Profifußballer und Vertragsspieler für die Zeit von 1. September 2019 bis 30. Juni 2020 geschlossen.
Zur Wiedergabe des Inhalts des Vertrags vom 30. August 2019 und des Vertrags über eine Leistungsprämie wird auf die Anlagen zur Klageschrift verwiesen (Bl. 9-20, 21 f. d.A.). Der Kläger erzielte ein Festgehalt von 6.500,00 € brutto monatlich.
Hervorzuheben ist auszugsweise folgende Vereinbarung in § 10 des Arbeitsvertrages (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9-20 d.A.):
„§ 10 Vertragsbeginn und -ende |
1) Vertragsbeginn |
Dieser Vertrag wird am 01.09.2019 wirksam |
(…) |
2) Vertragsende |
Dieser Vertrag endet am 30.06.2020. |
(…) |
3. Vertragsverlängerung |
Sollte der Spieler auf mindestens 15 Einsätze in Meisterschaftsspielen bei der 1. Mannschaft kommen, verlängert sich dieser Vertrag um eine weitere Spielzeit. Im Falle eines Abstiegs aus der Regionalliga Südwest ist eine etwaige Verlängerung auch bei Überschreiten von 15 Einsätzen in Meisterschaftsspielen nichtig. Ein Einsatz wird gezählt, wenn der Spieler mindestens 45 Minuten gespielt hat . |
Im Falle einer Verlängerung aufgrund des Einsatzes in mehr als 15 Meisterschaftsspielen gelten folgende Anpassungen des § 4: |
Spielklasse Regionalliga Südwest: Das monatliche Grundgehalt beträgt 7.500,00 €. |
Alle sonstigen Regelungen des § 4 bleiben bestehen.“ |
Der Kläger kam aufgrund seiner Einstellung nach Spielzeitbeginn ab dem 8. Spieltag zum Einsatz. Insgesamt erreichte der Kläger in der Zeit von 7. September 2019 (8. Spieltag) bis zum 15. Februar 2020 (20. Spieltag) 12 Einsätze für die 1. Mannschaft, bei denen er 45 Minuten oder länger eingesetzt wurde.
Zur Wiedergabe der Spieltage, die tatsächlich stattgefunden haben oder wegen der Corona-Pandemie ausfielen, sowie der Zahl und Dauer der jeweiligen Einsätze des Klägers wird auf die Aufstellung in der Berufungsbegründung des Klägers vom 6. April 2021, Seite 1 f. (Bl. 113 f. d.A.) verwiesen.
Am 15. November 2019 wurde ein neuer Geschäftsführer der Beklagten bestellt, der zum 1. Dezember 2019 ein neues Trainerteam installierte. Der Geschäftsführer und das Trainerteam beurteilten die Leistungsfähigkeit und das Leistungsvermögen aller Spieler. Dabei wurden die Leistungen des Klägers als sportlich nicht mehr ausreichend eingestuft. Der Kläger erhielt zwei Spieleinsätze als Chance und zur Überprüfung der Bewertung durch das Trainerteam. Seine Leistung in dem Pflichtspiel vom 15. Februar 2020 sowie zuvor im Hessen-Pokalspiel am 15. Dezember 2019 und seine Trainingsleistung wurden in Bezug auf Laufschnelligkeit, körperliche Durchsetzungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft als nicht genügend bewertet. Das Trainerteam entschied nach dem 15. Februar 2020, dass der Kläger aus sportlichen Erwägungen keine Spieleinsätze mehr erhalten sollte. Dementsprechend wurde der Kläger am 21. Spieltag (22. Februar 2020) und am 23. Spieltag 2020 (9. März 2020) nicht mehr eingesetzt.
Beginnend mit dem 24. Spieltag (14. März 2020) fand wegen der Corona-Pandemie kein Spielbetrieb mehr statt. Am 6. Mai 2020 teilte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger mit, dass man in der kommenden Saison nicht mehr mit ihm plane.
Am 26. Mai 2020 wurde die Spielzeit 2019/2020 der Regionalliga Südwest für beendet erklärt.
Mit Anwaltsschreiben vom 13. Juli 2020 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, dass die Klausel in § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrages unwirksam sei. Darüber hinaus sei wegen des nicht in der Risikosphäre eines Spielers liegenden
Saisonabbruchs von einer Verlängerung des Vertrags auszugehen. Zur vollständigen Wiedergabe des Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage zur Klageschrift Bezug genommen (Bl. 25 f. d.A...