Leitsatz (amtlich)
1. Die Herausnahme von sog. Werkstudenten aus dem persönlichen Geltungsbereich der VW-Haustarife MTV und Entgelt TV ist gleichheitswidrig und nichtig.
2. Rückwirkend geltend gemachte Differenzlohnansprüche unterliegen auch in einem solchen Fall den tarifvertraglichen Ausschlussfristen.
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 12.02.1998; Aktenzeichen 6 Ca 594/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 12.02.1998 – 6 Ca 594/97 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.004.96 DM (i. W. zweitausendvier 96/100 Deutsche Mark) brutto nebst 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit 01.04.1997 zu zahlen. Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 2.783,56 DM (i. W. zweitausendsiebenhundertdreiundachtzig 56/100 Deutsche Mark) zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs trägt der Kläger 83 %, die Beklagte 17 %.
Von den Kosten des Berufungsrechtszugs trägt der Kläger 53 %, die Beklagte 47 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Entgeltansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger ist Student. Er war vom 22.07.1996 bis 21.03.1997 aufgrund dreier befristeter Verträge „als Werkstudent im Vertrieb Ersatzteile” bei der Beklagten gegen einen vereinbarten Stundenlohn von DM 23,00 brutto nebst Nachtzuschlag entsprechend tarifvertraglicher Regelung beschäftigt. Der Kläger war während der genannten Beschäftigungszeit Mitglied der IG Metall.
Die Beklagte hat mit der IG Metall Haustarifverträge abgeschlossen. Von deren persönlichem Geltungsbereich, insbesondere dem des Manteltarifvertrages und des Monatsentgelttarifvertrages, sind u. a. Werkstudenten seit langem ausdrücklich ausgenommen. Die vom persönlichen Geltungsbereich der Haustarifverträge erfaßten Arbeiter im Bereich „Vertrieb Ersatzteile” erhalten dort jedenfalls in den ersten Monaten tarifvertragliche Vergütung gem. Entgeltniveau E/3, welches sich während der Beschäftigungszeit des Klägers auf DM 27,90 brutto je Stunde belief. Bei Erreichen der entsprechenden Qualifikationen werden diese Arbeiter danach in F/4 umgruppiert. Mit nicht tarifgebundenen nichtstudentischen Mitarbeitern wird die Geltung der Haustarifverträge einzelvertraglich vereinbart.
In den zurückliegenden Jahrzehnten erhielten Werkstudenten jedenfalls den gleichen Stundenlohn wie vergleichbare andere neu eingestellte Mitarbeiter. Bei der Beklagten entstand am 15.05.1996 eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Beschäftigungsbedingungen von Werkstudenten, in der auch die Höhe des Arbeitsentgelts mit DM 23.00 brutto geregelt wird.
Der Kläger verfolgt Ansprüche auf Zahlung von Differenzbeträgen zwischen der tarifvertraglichen und der vereinbarten Vergütung sowie tarifvertragliche Urlaubsansprüche über die gewährten 7 Urlaubstage hinaus.
Mit seiner am 14.04.1997 zugestellten Klage hat der Kläger eine Stundenlohndifferenz in Höhe von DM 4,90 brutto für die „letzten 13 Wochen” à 18 Stunden in Höhe von DM 1.146,60 brutto geltend gemacht und die Bezifferung von Urlaubsabgeltungsansprüchen sowie Ansprüchen auf eine um DM 1,47 brutto je Stunde höhere (Nacht-)Schichtzulage geltend gemacht. Mit am 26.05.1997 zugestellter Klageerweiterung vom 20.05.1997 hat der Kläger Zuschlagdifferenzen für in der Zeit von Dezember 1996 bis März 1997 geleistete 48 Nachtstunden in Höhe von insgesamt DM 70,56 sowie Urlaubsabgeltung für weitere 11 Urlaubstage à DM 160.20 gefordert. Mit erneuter Klageerweiterung vom 16.06.1997, zugestellt am 23.06.1997. hat der Kläger seine Differenzansprüche hinsichtlich Stundenlohn und Nachtzuschlag auf den Zeitraum Juli 1996 bis März 1997 erweitert und nun neben der Urlaubsgeltung Zahlung von insgesamt DM 3.876,88 gefordert.
Der Kläger hat insbesondere gemeint, die Herausnahme von Werkstudenten aus den Haustarifverträgen verstoße gegen den Gleichheitssatz, die Vorenthaltung der tarifvertraglichen Vergütung sei gleichbehandlungswidrig und überdies werde gegen das Verbot der Schlechterstellung von Teilzeitkräften verstoßen; die Gesamtbetriebsvereinbarung sei ohnehin aus Rechtsgründen nichtig.
Der Kläger hat vorgetragen, sämtliche Differenzierungskriterien, mit denen die Beklagte die Schlechterstellung von Werkstudenten zu rechtfertigen suche, seien unbehelflich. Sachlich falsch, und ohnehin rechtlich gar nicht relevant, sei bereits die Behauptung, der Kläger sei nur im Bereich Warenausgang-Einzelhandel, nicht aber bei Volumenaufträgen, Vertriebszentren-Schnellaufträgen, Seefracht und Luftfracht eingesetzt gewesen. Er habe vielmehr alle Arten der Ersatzteilversendung beherrscht und auch bearbeitet. Auch im sog. Rückkauf, also bei Rücklauf von Falschlieferungen, habe der Kläger gearbeitet. Darüber hinaus habe er bei seiner Arbeit nicht nur die Scan-Pistole ein...