Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändbarkeit einer Schichtzulage für Erschwernisse durch Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit
Leitsatz (amtlich)
Eine Schichtzulage, die der Abgeltung der Erschwernisse durch Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit dient (§ 7 Abs. 3 MTV Nr. 2) und die gemäß § 3 b Abs. 1 EStG vom Arbeitgeber steuerfrei gezahlt wird, stellt eine gemäß § 850 a Nr. 3 ZPO unpfändbare Erschwerniszulage dar.
Normenkette
ZPO § 850a; MTV Nr. 2 Kabine (DLH) §§ 5, 7; EStG § 3b
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.08.2015; Aktenzeichen 20 Ca 1933/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2015, 20 Ca 1933/15 wird zurückgewiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2015, 20 Ca 1933/15, wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 3.523,49 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 175,00 € seit dem 28. 09.2012,
aus weiteren 175,00 € seit dem 28.10.2012,
aus weiteren 175,00 € seit dem 28.11.2012,
aus weiteren 175,00 € seit dem 28.12.2012,
aus weiteren 182,00 € seit dem 28.01.2013,
aus weiteren 182,00 € seit dem 28.02.2013,
aus weiteren 182,00 € seit dem 28.03.2013,
aus weiteren 182,00 € seit dem 28.04.2013,
aus weiteren 67,50 € seit dem 28.05.2013,
aus weiteren 11,60 € seit dem 28.06.2013,
aus weiteren 91,29 € seit dem 28.07.2013,
aus weiteren 189,00 € seit dem 28.08.2013,
aus weiteren 189,00 € seit dem 28.09.2013,
aus weiteren 189,00 € seit dem 28.10.2013,
aus weiteren 189,00 € seit dem 28.11.2013,
aus weiteren 189,00 € seit dem 28.12.2013,
aus weiteren 196,00 € seit dem 28.01.2014,
aus weiteren 196,00 € seit dem 28.02.2014,
aus weiteren 196,00 € seit dem 28.03.2014,
aus weiteren 196,00 € seit dem 28.04.2014
und aus weiteren 196,00 € seit dem 28.05.2014
zu zahlen.
Im Übrigen ist das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2015, 20 Ca 1933/15, wirkungslos.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche und in diesem Zusammenhang über die Berechnung der unpfändbaren Beträge.
Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 28. Dezember 2011 seit diesem Tag als Flugbegleiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Bezugnahme u.a. der Manteltarifvertag Nr. 2 für das Kabinenpersonal der Beklagten in der Fassung vom 1. Januar 2013 (in der Folge: MTV Nr. 2, Bl. 17 f d.A.) Anwendung, der auszugsweise wie folgt lautet:
§ 5 Anspruch auf Vergütung
(1) Die Mitarbeiter erhalten eine auf monatlicher Grundlage errechnete Vergütung, die sich wie folgt zusammensetzt:
a) Grundvergütung (§ 7 Abs. (1))
b) Purserzulage (§ 7 Abs. 2))
c) Schichtzulage (§ 7 Abs. 3.))
d) Mehrflugstundenvergütung (§ 9)
e) Fremdsprachenzulage (§ 10)
f) Zuschläge
...
§ 7 Grundvergütung, Purserzulage, Schichtzulage
...
(3) Die Mitarbeiter erhalten zur Abgeltung der Erschwernisse durch Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit eine Schichtzulage. Sonstige Erschwernisse der fliegerischen Tätigkeit sind durch die Grundvergütung abgegolten.
...
Im Juni 2012 erhielt die Beklagte Kenntnis von dem im April 2009 eröffneten Privatinsolvenzverfahren des Klägers. Jedenfalls ab September 2012 bis einschließlich Juli 2014 führte die Beklagte vom Gehalt des Klägers die von ihr errechneten pfändbaren Beträge an den Insolvenzverwalter ab. Bei der Ermittlung des Pfändungsfreibetrages berücksichtigte sie die dem Kläger zustehende Schichtzulage als pfändbar. Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten die Höhe der pfändbaren Beträge wiederholt monierte, stellte das Amtsgericht Esslingen mit Beschluss vom 14. Juli 2014 (Bl. 110 f d.A.) auf Antrag des Klägers und unter Zurückweisung des weiteren Antrags klarstellend fest, dass mit Wirkung vom 6. Juni 2014 die lt. Vergütungsabrechnung dargestellte Schichtzulage unpfändbar sei. Ausweislich der vorgelegten Vergütungsabrechnungen (Bl. 57 f d.A.) wird die Schichtzulage steuerfrei gezahlt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne für den Zeitraum September 2012 bis Juli 2014 trotz Unpfändbarkeit abgeführte Schichtzulagen von der Beklagten beanspruchen. Die Höhe der Schichtzulagen hat er für diesen Zeitraum auf 6.177,86 € brutto beziffert.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, bis zur Entscheidung des Amtsgerichts Esslingen seien bei der Berechnung des Pfändungsfreibetrages die Schichtzulagen als pfändbare Beträge zugrunde zu legen gewesen. Sie hat auch die Auffassung vertreten, die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen durch den Kläger sei treuwidrig. Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 161 bis 164 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch am 13. August 2015 verkündetes Urteil, 20 Ca 1933/15, der Klage stattgegeben un...