Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Die verlängerten Kündigungsfristen des § 53 Abs. 2 BAT gelten nicht nur einseitig zu Lasten des Arbeitgebers. Sie sind auch vom Arbeitnehmer einzuhalten bei einer von ihm ausgesprochenen Kündigung.
Normenkette
BAT § 53 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.04.1989; Aktenzeichen 5 Ca 107/89) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 20. April 1989 – 5 Ca 107/89 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Länge der vom Kläger einzuhaltenden Kündigungsfrist.
Der 1942 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 1976 bei der Beklagten angestellt und zuletzt als Leiter des Rechnungswesens tätig. Das Arbeitsverhältnis richtete sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrages nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung (Bl. 4 d. A.). Mit Schreiben vom 7. Februar 1989 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1989. Die Beklagte antwortete unter dem 9. Februar 1989. In den Schreiben heißt es unter anderem (Bl. 6 d.A.):
Wir bestätigen den Erhalt Ihres Schreibens vom 7. Februar 1989 bezüglich Kündigung Ihres Angestelltenvertrages zum 33. März 1989.
Nach § 53 BAT beträgt Ihre Kündigungsfrist allerdings 6 Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres.
Sie würden demnach erst zum
30. September 1989
aus dem Arbeitsverhältnis bei uns ausscheiden.
Wir sind unter Umständen bereit, Sie zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Arbeitsverhältnis zu entlassen, allerdings unter der Voraussetzung, daß rechtzeitig ein Nachfolger für Ihre Position gefunden wird und eine entsprechende Einarbeitung gewährleistet ist.
Der Kläger ließ durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten unter dem 1. März 1989 erwidern, daß seiner Auffassung nach er nur die normale Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende einzuhalten habe (Bl. 7 d.A.).
Mit seiner am 20. März 1989 erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. März 1989 begehrt. Er ist nach Ablauf des 31. März 1989 tatsächlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Mit Schreiben vom 11. Mai 1989 hat die Beklagte die Rückforderung der „Weihnachtszuwendung” 1988 geltend gemacht. (Bl. 56 d.A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die verlängerte Kündigungsfrist des § 53 BAT für ältere und länger beschäftigte Angestellte hätte Geltung nur bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, nicht aber durch den Arbeitnehmer. Wie das Bundesarbeitsgericht zu § 622 BGB festgestellt habe, dienten die längeren Kündigungsfristen dem Schutz des Arbeitnehmers und könnten sich nicht zu seinem Nachteil auswirken.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Kündigung des Klägers vom 7. Februar 1989 am 31. März 1989 endet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die längeren tariflichen Kündigungsfristen seien auch für die vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung maßgeblich. Dies ergebe sich aus dem Tarifwortlaut sowie aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Kündigungsregelungen. Sie behalte sich vor, Schadenersatzansprüche gegen den Kläger wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, die verlängerten Fristen gälten nur zu Lasten des Arbeitgebers. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12. Juni 1989 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. Juli 1989 Berufung eingelegt und diese am 9. August 1989 begründet.
Die Beklagte bleibt bei ihrer Auffassung, auch der Arbeitnehmer habe die verlängerten Kündigungsfristen des § 53 BAT einzuhalten. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 622 Abs. 2 BGB sei hier nicht einschlägig. Die Auslegung des Tarifvertrages nach Wortlaut, Gesamtzusammenhang und erkennbarem Zweck der Regelung ergebe, daß die beiderseitige Bindung gewollt sei. Eine derartige Regelung stehe den Tarifvertragsparteien frei. Durch das sofortige Ausscheiden des Klägers sei sie gezwungen gewesen, vorübergehend eine Treuhandgesellschaft mit der Erledigung der Aufgaben des Klägers zu beauftragen. Sie behalte sich vor, die dadurch entstandenen Mehrkosten geltend zu machen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. April 1989 – 5 Ca 107/89 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die tarifliche Regelung gelte nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang nur einseitig für den Arbeitgeber. Dies entspreche auch den gesetzlichen Regelungen über verlängerte Kündigungsfr...