keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Titelmissbrauch. nachlässige Prozessführung. Vrsäumnisurteil

 

Leitsatz (amtlich)

Es bleibt offen, ob die Präklusionsfrist des § 767 Abs.2 ZPO dann nicht eingreift, wenn die durch Versäumnisurteil titulierte Forderung in Kenntnis der Titulierung vor Ablauf der Einspruchsfrist erfüllt wird (so: OLG Hamm 18. Mai 1999 NJW-RR 2000,659). Jedenfalls dann ist der Schuldner mit dem Erfüllungseinwand präkludiert, wenn er innerhalb der Einspruchsfrist, aber ohne Kenntnis von dem ergangenen Versäumnisurteil die Forderung erfüllt.

Die Ausnutzung eines objektiv unrichtigen rechtskräftigen Vollstreckungstitels kann nicht über § 826 BGB korrigiert werden, wenn der Erlass des Titels auf nachlässiger Prozessführung beruht. Nachlässige Prozessführung kann vorliegen, wenn ein Versäumnisurteil auf Zahlung gegen die beklagte Partei ergeht, das im Zeitpunkt seines Erlasses richtig war, der Beklagte innerhalb der Einspruchsfrist, jedoch vor Kenntnis von dem ergangenen Versäumnisurteil, Zahlungen leistet und gegen das Versäumnisurteil keinen Einspruch einlegt.

 

Normenkette

ZPO § 767; BGB §§ 812, 826

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.01.2008; Aktenzeichen 11 Ca 4440/07)

ArbG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 21 Ca 4440/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2008 – 11 Ca 4440/07 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte der Klägerin wegen der von dem Erblasser betriebenen Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Teilversäumnisurteil Zahlungen schuldet.

Die Beklagte ist Alleinerbin des am 03. Juni 2007 verstorbenen Xxxx Xxxxxxx, der vom 14. März 2002 bis 30. September 2006 bei der Klägerin, die einen baugewerblichen Betrieb unterhält, als Kraftfahrer beschäftigt war.

Mit seiner der Klägerin am 01. Dezember 2006 zugestellten Klage, hinsichtlich deren genauen Inhalts auf Bl. 1 bis 9 der beigezogenen Akten 21 Ca 8426 ArbG Frankfurt am Main Bezug genommen wird, machte der Erblasser gegenüber der Klägerin u.a. Zahlung von Arbeitsvergütung für September 2006 in Höhe von EUR 3575,99 brutto sowie von EUR 115,99 netto als Telefonkostenerstattung, jeweils nebst Zinsen, geltend. Im arbeitsgerichtlichen Gütetermin vom 11. Dezember 2006 erwirkte er gegen die nicht erschienene Klägerin, die dortige Beklagte, durch seinen Prozessbevollmächtigten ein entsprechendes Teilversäumnisurteil, welches der Klägerin am 19. Dezember 2006 zugestellt wurde. Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Versäumnisurteils wird auf Bl. 13/13R der vorbezeichneten Beiakten Bezug genommen. Vor dem Gütetermin hatte die Klägerin dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Erblassers per Fax vom 08. Dezember 2006 mitgeteilt, sie habe am gleichen Tag per online-banking eine Überweisung an den Erblasser für „Lohn Sept.06” in Höhe von EUR 2.051,19 in Auftrag gegeben. Am 11. Dezember 2006 befand sich dieser Betrag noch nicht auf dem Konto des Erblassers. Dieser Betrag wurde dem Konto des Erblassers nach dem 11. Dezember, spätestens jedoch am 14. Dezember 2006 gutgeschrieben. Die dem Erblasser bzw. dessen damaligen Prozessbevollmächtigtem zu einem nicht bekannten Datum zugeleitete Lohnabrechnung der Klägerin für September 2006 weist eine Gesamtbruttovergütung von 3.350,51, aufgeschlüsselt u.a. in Lohnartenbezeichnungen für „Arbeitstunden”, „Auflösung Ausgleichskonto”, „Lohnfortzahlung”, Urlaubsentgelt”, „zusätzliches Urlaubsgeld”, sowie einen Nettobetrag von 2.051,19 aus.

Gegen das Teilversäumnisurteil vom 11. Dezember 2006 legte die Klägerin keinen Einspruch ein. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Erblassers die Klägerin mit Schreiben vom 15. Januar 2007 (Bl. 7/8 d.A.) zur Zahlung des mit Teilversäumnisurteil titulierten Betrages unter Fristsetzung aufgefordert und die Klägerin auf die geleisteten Zahlungen für September 2006 verwiesen hatte, leitete der Prozessbevollmächtigte es Erblassers gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus diesem Versäumnisurteil ein. Im Wege der Zwangsvollstreckung trieb der Prozessbevollmächtigte sechs Zahlungen über insgesamt 2.828,51, darunter Zwangsvollstreckungskosten von EUR 104,96, bei.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, der Erblasser habe zu Unrecht einen Betrag in Höhe von EUR 2.051,19 erhalten, weil insoweit der Nettolohn doppelt gezahlt worden sei. Diesen Betrag habe ihr die Beklagte als Erbin zu erstatten, weil die Zwangsvollstreckung aus dem Teilversäumnisurteil in unbilliger und sittenwidriger Weise betrieben worden sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.051,19 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen eines Titelmis...

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