Verfahrensgang
ArbG Gießen (Urteil vom 07.12.1994; Aktenzeichen 1 Ca 93/94) |
Tenor
Auf die Anschlußberufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung und der Anschlußberufung im übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts in Gießen vom 7. Dezember 1994 – 1 Ca 93/94 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die un verfallbare Anwartschaft des Klägers auf eine von der Beklagten zu zahlende Betriebsrente nach der BV 1/82 zu berechnen ist unter Einbeziehung der Beschäftigungszeiten bei der Beklagten nach dem 31.03.1993.
Die Kosten trägt zu 65 % die Beklagte und zu 35 % der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Folgen der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung.
Der am 04. Februar 1968 geborene Kläger trat am 04. Februar 1953 in die Dienste der Beklagten.
Die Beklagte stellt Verpackungsmaschinen her und vertreibt sie. Sie hat ein Stammkapital von DM 4 Mio..
Bei der Beklagten bestand seit Dezember 1964 eine Versorgungsordnung. Deren Eingangssatz lautet:
„Unsere Betriebsangehörigen erhalten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen aus Mitteln unserer Firma.”
Die Alters- und Invalidenrente ist in § 3 auf monatlich DM 200,00 festgesetzt. Für die weiteren Bestimmungen wird auf die Anlage zur Klageschrift verwiesen.
Die Beklagte ergänzte die Versorgungsordnung mit folgendem Schreiben vom 21. Dezember 1995:
„Betrifft: Pensionsordnung
Die Geschäftsleitung hat sich nun endgültig entschlossen, die Pensionszusagen nach der 15-jährigen Wartezeit um DM 5,00 pro Dienstjahr zu erhöhen. Ansonsten bleibt die Pensionsordnung unverändert.”
Dieses Schreiben ist unter „zur Kenntnis genommen” für den Betriebsrat und das „Meistergremium” unterschriftlich gezeichnet. (Im folgenden werden die Versorgungsordnung samt Schreiben vom 21. Dezember 1995 abgekürzt als Versorgungsordnung 64/65 bezeichnet.)
Am 11. Juni 1982 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung (Betriebsvereinbarung 1/82), die u. a. folgende Bestimmungen enthält:
„2) Aus diesen Gründen kommen Betriebsrat und Geschäftsleitung überein, die Altersversorgung neu zu ordnen und sie dem Stand anderer vergleichbarer Unternehmen anzupassen.
3) Dementsprechend werden die bisherigen Grundrenten nach § 3 der Versorgungsordnung vom Dezember 1964 auf DM 100,00 und die jährlichen Steigerungsraten auf DM 5,00 festgesetzt.”
Weiter enthält die Betriebsvereinbarung eine Übergangsregelung und eine Bestimmung, wonach sie für 5 Jahre gelten soll und danach über eine evtl. Veränderung der Grundrente und der jährlichen Steigerungsrate neu verhandelt werden soll; Wegen des Textes im einzelnen wird auf die Anlage zur Klageschrift verwiesen.
Anlaß war, daß sich die wirtschaftliche Situation der Beklagten seit 1979 drastisch verschlechtert hatte.
Die Beklagte hatte Verluste erlitten, und zwar in
1979 in Höhe von DM |
1.685.000,00 |
1980 in Höhe von DM |
673.000,00 |
1981 in Höhe von DM |
1.440.000,00 |
insgesamt DM |
3.798.000,00. |
Eine Verbesserung der Betriebsrentenansprüche lehnte die Beklagte 1987 ab, da die Ergebnisentwicklung der vergangenen 5 Jahre dies nicht rechtfertige.
Am 16. Dezember 1992 kündigte die Beklagte mit Schreiben an den Betriebsrat vom 14.12.1992 die „Versorgungsordnung der H. V. vom Dezember 1964, ergänzt am 21. Dezember 1965 und geändert durch Betriebsvereinbarung Nr. 01/82 vom 11. Juni 1982” zum 31. März 1993.
In dem Schreiben vertritt die Beklagte die Ansicht, daß aufgrund der mit Ablauf der Kündigungsfrist endenden Geltung der Versorgungsordnung Arbeitnehmer, die nach dem 31. März 1993 eingestellt werden, keine Versorgungsanwartschaft mehr erwerben und die übrigen Arbeitnehmer keine Steigerungen ihrer bis zum 31. März erworbenen Versorgungsanwartschaften erwerben und bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen aus den zum 31. März 1993 festgestellten unverfallbaren Versorgungsanwartschaften erbracht würden. Wegen des Textes im einzelnen wird auf die Antage zur Klageschrift (Bl. 4 d.A.) verwiesen.
Für die Beklagte, die inzwischen einem Konzern angehört, war ihre wirtschaftliche Läge Anlaß der Kündigung.
Die Umsätze der Beklagten sanken:
1990 auf DM |
53,017 Mio. |
1991 auf DM |
46,581 Mio. |
1992 auf DM |
47,856 Mio. |
Der Auftragseingang verringerte sich
von DM 54,3 Mio. |
im Jahre 1990 |
auf DM 34,2 Mio. |
im Jahre 1991. |
Der Gewinn entwickelte sich wie folgt:
1990 DM |
1,046 Mio. |
1991 DM |
1,163 Mio. |
1992 DM |
0,504 Mio. |
1993 DM |
0,330 Mio. |
Die Beklagte reduzierte ihr Personal von 280 Mitarbeitern im Jahre 1990 auf etwa 242 Mitarbeiter Ende 1992 und erreichte dadurch Kosteneinsparungen von DM 2 Mio. pro Jahr. Die Beklagte rechnete einen Teil der tariflichen Entgelterhöhungen auf freiwillige Zulagen an und erhöhte im Jahr 1993 bei außertariflichen Angestellten nicht das Gehalt. Sie reduzierte ihre Investitionen und nahm weitere Sparmaßnahmen vor.
Im Jahre 1994 verbesserte sich die Lage der Beklagten wieder. Sie nahm Neueinstellungen vor.
Der Kläger hat die Au...