Entscheidungsstichwort (Thema)
hier: Flugkapitän in Flügen meist ab Frankfurt/Main auf deutschem Luftfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
1) Ist monegassisches Arbeitsrecht vereinbart, so gelte gem. Art. 30 Abs. II Ziff. 1 EGBGB daneben die zwingenden Schutzvorschriften des deutschen Arbeitsrechtes (hier: AÜG), wenn die gewöhnliche Arbeit im Staats- und Rechtsgebiet der BRD verrichtet wird.
2) Zur Abgrenzung von Flugzeugvermietung mit Flugpersonal („Wet-Leasing”) und Arbeitnehmerüberlassung, wenn für 5 Flugzeuge je 3 Besatzungen in wechselnden Zusammensetzungen mit überlassen werden (zusammen ca. 80 Arbeitnehmer).
Normenkette
AÜG § 10; EGBGB Art. 30 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 24.04.1991; Aktenzeichen 9 Ca 10/91) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 24. April 1991 (AZ: 9 Ca 10/91) teilweise abgeändert:
1.) Es wird festgestellt,
- daß die Beklagte als Arbeitgeberin des Klägers gilt,
- daß dieses Arbeitsverhältnis durch die Erklärungen der Beklagten vom 28. Dez. 1990 und der Firma SAMSITA vom 26. März 1991 nicht aufgelöst worden ist und
- daß sich dieses Arbeitsverhältnis inhaltlich nach dem Arbeitsvertrag des Klägers vom 29. Aug. 1988 richtet.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
2.) Die Kosten der ersten Instanz aus einem Wert von unverändert DM 72.000,00 trägt der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.
Die Kosten des Berufungszuges aus einem Wert von DM 90.000,00 tragt der Kläger zu 2/5, die Beklagte zu 3/5.
3.) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gem. § 10 AÜG als Arbeitnehmer der Beklagten zu gelten hat und – wenn ja – über den Inhalt eines solchen Arbeitsverhältnisses.
Der am 16. Jan. 1942 geborene Kläger schloß am 29. Aug. 1988 einen schriftlichen Anstellungsvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31. Dez. 1993 mit der Fa. K. H., einer juristischen Person mit Sitz in H., die den Kläger von vornherein einer Fa. S. in … nach deren Gründung überlassen wollte. Vorgesehen war in diesem schriftlichen Vertrag eine Tätigkeit des Klägers als Flugkapitän auf einer oder mehreren DC-8-73 (Frachtversion) unter der Flugbetriebserlaubnis Dritter Kunden, die entweder „Vermieter von Flugzeugen ohne Besatzung und Mieter von Besatzungen für das Luftfahrzeug oder, von mal zu mal, Vermieter von Flugzeugen mit Besatzungen, auch Endkunde” sein konnten. (Wortlaut Bl. 7–14, vorgelegte Übersetzung Bl. 15–26). Für diese Beschäftigung wurde in Art. 16.01. monegassisches Recht vereinbart. Der Kläger nahm seine Tätigkeit am 01. Nov. 1988 auf.
Die S. wurde am 23. Dez. 1988 gegründet und führte den Kläger spätestens ab 01. März 1989 buchmäßig – neben anderen Besatzungsmitgliedern – als Mitarbeiter. Sie rechnete die Bezüge des Klägers ab und nahm die Auszahlungen vor. Den Einsatz ihrer Frachtfliegerbesatzungen einschl. des Klägers überließ sie der Fa. C., einer 25 %-igen Tochter der D. L. hansa mit Sitz in L. (Registerauszug Bl. 171– 174). Diese mietete von der D. einer 100 %-igen L. Tochter, 5 DC-8 Frachtmaschinen zum Werte von je ca. 40 Mio. US-Dollar an und vermietete diese komplett mit jeweils 3 Besatzungen (zusammen etwa 70 Arbeitnehmer) an die Beklagte. Dieser „Unterleasing-Vertrag” (Bl. 46– 59 – sog. „Wet-Leasing”) war erstmals zum Ablauf des 4. Jahres kündbar und wurde Deutschem Recht unterstellt. Wie es in dem ursprünglichen Anstellungsvertrag des Klägers vorgesehen war, billigte die Beklagte den Einsatz des Klägers bei ihr. Der Kläger trug eine 1 … Uniform, erhielt seine Dienstpläne von der Beklagten, die den Einsatz der 5 untergeleasten Flugzeuge und die Einteilung des mitgeleasten Bedienungspersonales übernahm, dementsprechende Dienstpläne aufstellte (Bl. 37–45) sowie die Kosten für Verlängerungstests für den Flugzeugführerschein des Klägers bis 31. Dez. 1990 trug.
Der Kläger zahlte seine Steuern in D., trat seine Arbeit defakto in F. an, seine Wegezeiten wurden aber buchmäßig auf den Ausgangsort L. bezogen und abgerechnet. Anfang 1990 machte die Beklagte dem Kläger ein Übernahmeangebot, dem am 28. Sept. 1990 ein weiteres schriftliches Übernahmeangebot folgte (= Bl. 68/69). Im Laufe des Rechtsstreits hatte der Kläger dieses Angebot zunächst abgelehnt, später aber doch wieder unter Vorbehalt weitergehender Ansprüche vorsorglich angenommen (Bl. 314), worauf die Beklagte indes nicht mehr eingegangen ist.
Unter dem 18. Dez. 1990 kündigte die Beklagte dem Kläger an, sie werde ihn ab 01. Jan. 1991 nicht mehr einsetzen können und bat um Rückgabe aller ihr gehörigen Utensilien. Die 5 DC-8 wurden jedoch von der Beklagten weiter voll eingesetzt.
Ab 07. Jan. 1991 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Darmstadt vorsorglich arbeitslos, erhielt von dort auch zunächst Arbeitslosengeld unter dem Vorbehalt, daß die Fa. S. seine Bezüge nicht weiter zahlen sollte. Als jedoch weitere Zahlungen bei dem Kläger eingingen, erstattete dieser dem Arbeitsamt das...