Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltungsbereich der Bau-Tarifverträge

 

Leitsatz (amtlich)

1) Bei der Ermittlung der überwiegenden Arbeitszeit des Betriebs für eine bestimmte Tätigkeit im Hinblick auf den fachlichen Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrages-Bau ist grundsätzlich auf die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer des Betriebes, nicht aber auch auf die des Arbeitgebers abzustellen.

2) Die Arbeitszeit kaufmännischer Angestellter kann den fachlichen Erfassungsnormen des § 1 Abs. 2 Abschn. I–V VTV-Bau nicht zugeordnet werden.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 2; VTV-Bau §§ 24, 27, 1 Abs. 2 Abschn.V Nr. 1, §§ 8, 11

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 03.08.1988; Aktenzeichen 6 Ca 5251/87)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom3. August 1988 – 6 Ca 5251/87 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß zur Klarstellung das Versäumnisurteil vom 11. Dezember 1987 aufgehoben wird.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Auskunftsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten für die Zeit von April bis Juli 1987.

Die Klägerin ist nach näherer tariflicher Bestimmung als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien die Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Alle baugewerblichen Unternehmer waren im Klagezeitraum verpflichtet, nach einem tarifvertraglich im einzelnen näher geregelten Verfahren der Klägern Auskunft über die Zahl der Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten und die Summe der diesen gezahlten Bruttolöhne zu erteilen. Diese Verpflichtung richtete sich nach § 27 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV). Dieser war im Klagezeitraum für allgemeinverbindlich erklärt. Der Beklagte hatte im Jahre 1987 auch für den Klagezeitraum den Maler … für die Zeit vom 11. April bis 6. August 1987 und seine Ehefrau … für die Zeit vom 1. April bis 30. November 1987, ferner für die Zeit vom 3. September bis 21. November 1987 den Maler … bei der zuständigen AOK … angemeldet (Auskunft der AOK … vom 15. Februar 1989, Bl. 87 R d.A.). Die Ehefrau des Beklagten war zugleich Hausfrau und halbtagsbeschäftigt. Der Beklagte wurde nicht zur Winterbauumlage herangezogen (Bescheid des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen von 14. April 1987, Bl. 8 d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe in seinem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend, d. h. zu mehr als 50 v.H. der betrieblichen Gesamtarbeitszeit – unter Summierung der Tätigkeiten der einzelnen Arbeitnehmer – folgende Arbeiten ausgeführt:

Ausschachtungs- und Isolierungsarbeiten (Freilegen von Kelleraußenwänden, in denen sodann Bohrlöcher angebracht und sodann chemische Trocknungsmittel injiziert werden; nach den Austrocknen werden Abdichtungsmittel auf bituminöser Basis aufgetragen und anschließend die ausgehobene Erdmasse wieder verfüllt und verdichtet)

Putzarbeiten (Ausbessern schadhaften Außen- und Innenputzes)

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

  1. der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

    1.1 wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten … April bis Juli 1987 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen des Baugewerbes in den genannten Monaten angefallen sind,

  2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin folgende Entschädigung zu zahlen:

    DM 2.800,–.

Nachdem im Gütetermin vom 11. Dezember 1987 für den Beklagten niemand erschienen ist, hat das Arbeitsgericht Wiesbaden antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen (Bl. 3 d.A.). Gegen dieses ihm am 6. Januar 1988 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte am 12. Januar 1988 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 11. Dezember 1987 die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, weder habe er in seinem Betrieb ausgeschachtet noch schadhaften Außen- und Innenputz ausgebessert. Er habe Außen- und Innenanstriche ausgeführt, z.T. auch isolierende Anstriche, jedoch nicht Putz i. S. der bautarifrechtlichen Vorschriften ausgeführt, sondern reine Malerarbeiten.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin gemäß Beweisbeschluß vom 18. März 1988 (Bl. 22 und 23 d.A.) durch Vernehmung des Zeugen … und der Zeugin … durch den ersuchten Richter bei dem Arbeitsgericht …. Zum Inhalt ihrer Aussagen wird auf die Vernehmungsniederschrift Bl. 28 und 29 d.A. Bezug genommen.

Alsdann...

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