Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer nach § 1a KSchG gezahlten Abfindung auf eine tarifliche Abfindung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine gemäß § 1a KSchG gezahlte Abfindung ist auf eine Abfindung gemäß § 7 Abs. 2 des Tarifvertrages vom 02. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) anzurechnen.

 

Normenkette

TVG § 1; KSchG § 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 6 Ca 73/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.12.2010; Aktenzeichen 6 AZR 433/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 18. Juni2008 – 6 Ca 73/08 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer tarifvertraglichen Abfindung.

Die am 01. Juli 1943 geborene Klägerin war in der Zeit vom 21. Juni 1978 bis 31. Oktober 2007 bei den A beschäftigt. Zuletzt war sie bei der B als Bürogehilfin zu einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung von EUR 1.504,51 tätig.

Mit Schreiben vom 28. März 2007 kündigte das B, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich wegen Schließung der Beschäftigungsdienststelle und Wegfalls des Arbeitsplatzes der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Oktober 2007. Darüber hinaus wurde der Klägerin in dem Kündigungsschreiben für den Fall des Verzichts auf eine Kündigungsschutzklage gem. § 1 a KSchG eine Abfindung von mindestens 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses angeboten. Dazu heißt es u. a. in dem Kündigungsschreiben:

„Nach unserer obigen Berechnung ergibt sich daher bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage ein Abfindungsanspruch für Sie in Höhe von EUR 21.450,72. Zum Vergleich: Der tarifliche Anspruch auf Abfindung gemäß § 7 SchutzTV beträgt zwei Monatsverdienste.

Mit der Zahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von EUR 21.450,72 sind sämtliche wechselseitigen finanziellen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, einschließlich des Anspruchs auf eine Abfindungszahlung gemäß § 7 SchutzTV, erledigt.”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 5 und 6 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin ließ die gesetzliche Klagefrist verstreichen. Zwischenzeitlich wurde die zitierte Abfindung zuzüglich einer 1,7%igen Tariferhöhung an die Klägerin gezahlt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit den A fanden u. a. der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II), der Tarifvertrag vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich) und der Tarifvertrag vom 02. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) Anwendung.

Der SchutzTV enthält u. a. folgende Bestimmungen:

㤠2

Sachlicher Geltungsbereich

1. Anspruch auf Leistungen nach §§ 4 – 7 dieses Tarifvertrages haben Arbeitnehmer, wenn sie infolge einer organisatorischen Maßnahme (Ziffer 2.) auf Veranlassung der Stationierungsstreitkräfte ihren bisherigen Arbeitsplatz verlieren (auch durch Verdrängung infolge von Sozialauswahl) oder wenn sich aus diesen Gründen die Wertigkeit ihres Arbeitsplatzes mindert.

2. Organisatorische Maßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind

e) Maßnahmen, die die Voraussetzungen des § 2 Ziffer 1 des Tarifvertrages vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung) erfüllen.

§ 7

Abfindungszahlung

2. Wird das Beschäftigungsverhältnis aus den in § 2 Ziffer 1 TV Soziale Sicherung genannten Gründen (§ 2 Ziffer 2 e)) durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder durch schriftlichen Aufhebungsvertrag beendet, so erhalten Arbeitnehmer, die am Tage der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

  • das 40. Lebensjahr vollendet haben,
  • eine anrechenbare Beschäftigungszeit von mindestens 10 Jahren erreicht haben,
  • seit mindestens einem Jahr vollbeschäftigt im Sinne des § 2 Ziffer 2 a TV Soziale Sicherung sind und denen
  • keine anderweitige zumutbare Verwendung im Sinne des § 2 Ziffer 3 TV Soziale Sicherung angeboten worden ist,

abweichend von vorstehender Ziffer 1 eine einmalige Abfindung in Höhe von drei Monatsbeträgen – Beschäftigte bei den US-Stationierungsstreitkräften in Höhe von zwei Monatsbeträgen – ihres letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes (§ 17 TV AL II/TV AL II (Frz)).

7. Auf die Abfindungszahlung besteht kein Anspruch, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.”

§ 2 Ziffer 1 des zitierten Tarifvertrages Soziale Sicherung lautet:

„Anspruchsvoraussetzungen

Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag haben Arbeitnehmer, die

  1. wegen Personaleinschränkung

    1. infolge einer Verringerung der Truppenstärke
    2. infolge einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung von Dienststellen oder Einheiten od...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge