Entscheidungsstichwort (Thema)

Habilitation als Befristungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1) Bei einem wegen Habilitation befristeten Arbeitsverhältnis eines (bereits promovierten) wissenschaftlichen Mitarbeiters kommt dem Fort- und Weiterbildungscharakter als Vertragszweck erhebliche Bedeutung zu.

2) Diesem Vertragszweck muß die Vertragsdurchführung entsprechen. Es müssen eine ausreichende wissenschaftliche Betreuung und ferner eine ausreichende partielle Freistellung von fremdbestimmter Dienstleistung gewährleistet sein.

 

Normenkette

HUG § 41 IX; HUG § 41 IV; HRG § 53 I; HRG § 53 III; SR 2y zum BAT

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 11.10.1984; Aktenzeichen 1 Ca 398/84)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 11.10.1984 – 1 Ca 398/84 – wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen vereinbarte Arbeitsverhältnis unbefristet über den 30.4.1985 hinaus fortbesteht.

Wegen des hierzu erstinstanzlich vorgetragenen Streitstoffs wird auf den Tatbestand des angefechtenen Urteils (Bl. 38–43 d.A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage aus den im einzelnen aus Bl. 43–48 d.A. ersichtlichen Gründen, auf die venriesen wird, stattgegeben.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt das beklagte Land sein auf Klageabweisung gerichtetes Prozeßziel weiter.

Es rügt, das Arbeitsgericht habe rechtsirrig die Habilitation des Klägers nicht als Sachgrund anerkannt, wiewohl über diese als Qualifizierungsziel eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Zeugen, Prof. Dr. T., und dem Kläger zustandegekommenn sei. Es sei nicht Sache des beklagten Landes, daß der Kläger im Laufe des Vertragsverhältnisses seine Vorstellungen über ein ihm zusagendes Habilitations-Thema gewechselt habe und – nach zuvor zugesagter Vorlage eines Habilitations-Plans – dann im Juni 1984 erklärt habe, sich nicht mehr habilitieren zu wollen.

Es habe auch keiner schriftlichen Fixierung der Habilitation als Sachgrund im Vertrag bedurft.

Auch von der Dauer her sei die vereinbarte Befristung sachlich gerechtfertigt. Es sei nämlich ohne Belang, ob und inwieweit der Kläger für Zwecke der Habilitation von seinen Dienstaufgaben freigestellt worden sei. Jedenfalls wegen der aus § 45 HUG eingeräumten gesetzlichen Befristungshöchstdauer von 5 Jahren, um dem Kläger Gelegenheit zur Habilitation zu geben, sei die vereinbarte Dauer nicht zu beanstanden.

Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung. Er hält das angefochtene Urteil aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen für zutreffend. Er leugnet zunächst eine Vertragsabrede zwischen ihm und Prof. Dr. Teichler über die Habilitation als Befristungsgrund, zumal dafür der Zeuge kein kompetenter Vertragspartner habe sein können. Der Zeuge habe im Sondierungsgespräch anläßlich Bewerberauswahl lediglich deutlich gemacht, dem Hessischen Kultusminister sei an einer Befristung der Stelle gelegen, sie liege aber nicht im Interesse des Wissenschaftlichen Zentrums (WZ) I. Dementsprechend habe der Zeuge sich auch im Schreiben vom 5.2.1980 geäußert. Auch der Personalrat habe damals bereits die Ansicht vertreten, die vom Kläger zu besetzende Stelle komme mit dem Qualifizierungsziel „Habilitation” nicht als „Qualifikationsstelle” in Betracht, allenfalls mit dem Qualifikationsziel „Promotion”. Auch habe der Kläger bei der Bewerber-Vorstellung nur allgemein daraufhingewiesen, sich habilitieren zu wollen. Bei der Abwicklung des Vertragsverhältnisses sei auch von einer Habilitation des Klägers allenfalls im Rahmen sog. „Kaffee-Gespräche” (nebenbei) die Rede gewesen. Gespräche zur Präzisierung eines Habilitations-Themas hätten nicht stattgefunden. In Wahrheit gehe es dem Zeugen Prof. Dr. T. lediglich darum, die Stelle des Klägers für eine dritte Person freizubekommen, was sein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits bedinge. Insgesamt sei der Qualifikationsgrund „Habilitation” als Befristungsgrund im Falle des Klägers vorgeschoben. In Wahrheit habe man auf Seiten des beklagten Landes um einen Befristungsgrund „gerungen”, weil dem Präsidenten der GhK daran gelegen habe, ein bestimmtes Verhältnis von Zeit- und Dauer-Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter auch für den Bereich des WZ I durchzusetzen.

Im übrigen sei auch beachtlich, daß dem Kläger neben der Wahrnehmung seiner Dauer-Aufgaben aus dem „ständigen Arbeitsbereich: Hochschule und Beschäftigungssystem” (vgl. Stellenbeschreibung Bl. 16 d.A.) und seiner Mitarbeit an zwei drittmittelfinanzierten Projekten (Zertifikatsstudie und Hochschulabsolventen-Verlaufsstudie) für eine Habilitation in keiner Weise mehr Zeit verblieben sei. Beide Aufgabenbereiche hätten seine Stelle voll ausgefüllt.

Das beklagte Land räumt ein, daß beim Zeugen Prof. Dr. T. vor Vertragsabschluß eine andere Interessenlage (unbefristete Anstellung des Klägers) als beim Land vorhanden gewesen sei. Gleichwohl habe sich Prof. Dr. Teichler beim Bewerberauswahl-Gespräch in ...

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