keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Streik. Betriebsblockade. Arbeitswillige. Parteifähigkeit. Unterorganisation
Leitsatz (amtlich)
Unbegründeter Eilantrag auf Untersagung von Betriebsblockaden; Fragen der Parteifähigkeit von Unterorganisationen einer Gewerkschaft (Einzelfall)
Normenkette
BGB 823; BGB §§ 1004, 831, 31; ZPO § 50; ArbGG § 10
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Urteil vom 12.09.2008; Aktenzeichen 3 Ga 4/08) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 12. September 2008 – 3 Ga 4/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin begehrt von den Verfügungsbeklagten den ungehinderten Zugang von Arbeitswilligen, Kunden usw. während des Streiks.
Die Verfügungsklägerin ist eine der weltweit führenden Anbieter von magnetischen Spezialwerkstoffen. Sie ist in mehr als 40 Ländern aktiv und beschäftigt mehr als 4.000 Mitarbeiter, davon 1.500 an ihrem Stammsitz in A. Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) sind als „Bezirksleitung” und „Verwaltungsstelle” Unterorganisationen der Verfügungsbeklagten zu 1). Seit 11. September 2008 wird der Betrieb der Verfügungsklägerin nach einem Aufruf der Verfügungsbeklagten zu 2) unbefristet bestreikt.
Die Verfügungsklägerin hat gemeint, ihr drohe eine rechtswidrige Betriebsblockade. Sie hat dies daraus abgeleitet, dass der 1. Bevollmächtigte der Verfügungsbeklagten und Streikleiter vor dem Streik gegenüber dem Personalleiter und dem Synidcus der Verfügungsklägerin – glaubhaft gemacht durch eidesstattliche Versicherungen – geäußert hatte, am ersten Tag des Streiks komme keiner in den Betrieb, es werde alles dichtgemacht, danach bekomme man eben von der Verfügungsklägerin ein Urteil, am nächsten Tag werde man ein Spalier bilden, das einen Kilometer lang sein könne. Weiter habe er nach einer Betriebsversammlung erklärt, dass die IG Metall im Streikfall mit Unterstützung betriebsfremder Personen den Zugang zum Betriebsgelände komplett sperren und dann überhaupt nur durch ein Spalier ermöglichen werde. In den Tarifnachrichten der Verfügungsbeklagten zu 2) vom 1. Sept. 2008 heißt es: „Streikbrecher werden wir nicht hereinlassen, wir machen die Tore dicht, sagte einer der Kollegen.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
- den Verfügungsbeklagten zu untersagen, den Zugang zu den Betriebsstätten der Verfügungsklägerin in A (… Weg, …straße und … Straße) und den Ausgang daraus zu behindern, insbesondere das Passieren von Arbeitnehmern, sonstigen Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und Besuchern durch körperliche Gewalt zu unterbinden oder zu behindern. Dabei haben die Verfügungsbeklagten es insbesondere zu unterlassen, den Eingang zu den Betriebsstätten der Verfügungsklägerin in A (… Weg, …straße und … Straße) durch dicht gestellte Streikpostenketten, Menschenansammlungen und / oder Fahrzeuge aller Art zu sperren und den Eingang durch Streikposten oder Streikende zu versperren, die sich vor Fahrzeuge stellen, setzen oder legen, welche den Eingang passieren wollen, sowie die Mitglieder der genannten Personenkreise am Betreten und / oder Verlassen des Betriebsgeländes der Verfügungsklägerin durch physische Einwirkung zu hindern, Lieferanten, Kunden- und Besucherfahrzeuge nach dem Passieren des Werkstores anzuhalten und zu kontrollieren und Streikposten und Streikende so aufzustellen, das nicht eine mindestens drei Meter breite und von jeglichen Hindernissen freie Gasse gewährleistet ist,
- den Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten nach Ziffer 1 Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000, – EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, anzudrohen,
- die Zustellung der gerichtlichen Entscheidung auch zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen zu gestatten.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen, hilfsweise der Verfügungsklägerin für den Fall des Erlasses einer einstweiligen Verfügung aufzugeben, binnen einer vom Gericht zu setzenden Frist, die jedoch nicht über drei Tage liegen sollte, Klage zur Hauptsache zu erheben.
Zum Vorbringen der Verfügungsbeklagten wird auf den Schriftsatz vom 10. September 2008 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Hanau hat die Anträge durch Urteil vom 12. Sept. 2008 – 3 Ga 4/08 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) seien nicht parteifähig im Sinne der §§ 50 ZPO, 10 ArbGG. Gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) bestünde kein Untersagungsanspruch, weil sich keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Verfügungsbeklagte zu 1) ihre Einwirkungspflichten gegenüber den Streikenden und dem Streikleiter nicht erfüllt hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe verwiesen.
Gegen dieses ihr am 15. Sept. 2008 zugestellte Urteil hat die Verfügungsklägerin am selben Tag Berufung eingelegt und gleichzeitig begründet.
D...