keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflohn. OT-Mitgliedschaft
Leitsatz (amtlich)
Ausgestaltung einer den sofortigen Wechsel zu OT-Mitgliedschaft gestattenden Vorstandssatzung.
Normenkette
TVG 3 III; GG Art. 9 III
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 29.09.2006; Aktenzeichen 4 Ca 72/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 29. September 2006 – 4 Ca 72/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger tarifliche Lohnerhöhungen zu zahlen.
Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09. November 1998 (Bl. 3, 4 d. A.) bei der Beklagten als Einrichtungsberater beschäftigt. § 16 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 09. November 1998 enthält folgende Regelung:
§ 16 Tarifverträge und Betriebsordnung
Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, finden die Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung. Der Arbeitnehmer erklärt, dass er von diesen Bestimmungen Kenntnis genommen hat.
Der Arbeitnehmer hat jederzeit Anspruch auf Einsichtnahme in die für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Arbeitsschutzgesetze.
Der Kläger ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Zwischen dem Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft wurde am 27. Januar 2006 ein Tarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel abgeschlossen, der u.a. Einmalzahlungen von insgesamt EUR 275,00 vorsieht.
Die Beklagte war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kläger Mitglied im Einzelhandelsverband Hessen-Nord e.V. und ist dies heute noch. Sie beantragte allerdings im September 2004 sie als Mitglied ohne Tarifbindung zu führen, was der Verband mit Schreiben vom 24. September 2004 (Bl. 18 d. A.) bestätigte.
Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage die Auszahlung einer Einmalzahlung in Höhe von EUR 200,00 brutto geltend. Er hat die Auffassung vertreten, er habe kraft Tarifgeltung Anspruch auf Auszahlung dieser tariflichen Einmalzahlung. Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe sich von ihrer ursprünglich bestehenden Tarifbindung nicht wirksam befreit. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer sog. OT-Mitgliedschaft seien im Streitfall nicht erfüllt. Diese würde nämlich voraussetzen, dass OT-Mitglieder keine satzungsmäßige Möglichkeit mehr haben dürften, auf Tarifangelegenheiten einzuwirken. Dies sei nach der Satzung des Arbeitgeberverbandes im vorliegenden Streitfall nicht der Fall. Der Kläger hat auch die Ansicht vertreten, die Tarifbindung der Beklagten bestehe auch deshalb fort, weil er zu keinem Zeitpunkt eine individuelle Mitteilung über den Wechsel der Beklagten hin zu einer OT-Mitgliedschaft erhalten habe. Der Kläger hat schließlich die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte in § 16 eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 200,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Einmalzahlung bestehe nicht. Ein Anspruch des Klägers folge zunächst nicht aus dem Tarifvertrag, da keine beiderseitige Tarifbindung mehr vorliege. Die Beklagte hat hierzu die Ansicht vertreten, die Form der OT-Mitgliedschaft sei ausdrücklich durch die Satzung des Einzelhandelsverbandes Hessen-Nord e.V. vorgesehen und damit durch diese auch gedeckt. Nach ständiger und aktueller Rechtsprechung sei diese Satzung – so die Beklagte – und damit die Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft zulässig. Die Beklagte hat schließlich die Auffassung vertreten, dass auch aus der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klageanspruch nicht hergeleitet werden könne. Die Beklagte hat auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen, wonach solche Klauseln – so die Beklagte – regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen seien. Die Beklagte hat insoweit auch darauf verwiesen, dass die vom Bundesarbeitsgericht angekündigte Rechtsprechungsänderung für den Streitfall nicht zum Tragen komme, da es sich vorliegend um einen vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform abgeschlossenen Arbeitsvertrag handele.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. September 2006 die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zunächst einen Anspruch aus Tarifvertrag aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Parteien verneint. Es hat angenommen, dass die seit 01. September 2004 bestehende OT-Mitgliedschaft der Beklagten zulässig sei. Das Arbeitsgericht hat weiter auch einen Anspruch aus nachwirken der Tarifgebundenheit der Beklagten gem. der §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 5 TVG abgelehnt. Das Arbeitsgericht hat schließlich unter Bezugnahme auf...