Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung gem. 22/23 BAT
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anweisung, den tarifrechtlich unwirksamen TV für Angestellte in der Datenverarbeitung vom 15.11.1971 „bis zum Inkrafttreten einer Neuvereinbarung” anzuwenden, kann Grundlage einer einzelvertraglichen Eingruppierungsregelung darstellen, die allerdings nur eine befristeten Bedeutung hat.
2. Erhält ein Angestellter der unteren und mittleren Vergütungsgruppen eine Gehaltsüberzahlung von nicht mehr 10 %, so ist in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Grundsätze ohne weitere konkrete Darlegung des Angestellten von einem Wegfall der Bezeichnung auszugehen.
3. Weist der Arbeitgeber daraufhin, daß er die Vergütung nur unter Vorbehalt zahle und widerspricht der Arbeitnehmer nicht, liegt ein sog. einverständlicher Vorbehalt vor, der die verschärfte Haftung des § 820 BGB auslöst.
Normenkette
BAG §§ 22-23; BGB § 818 Abs. 3, § 820
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 20.08.1986; Aktenzeichen 6 Ca 2464/86) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 20.8.1986 abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, einen Betrag in Höhe von 1.877,99 DM zurückzufordern.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat 86/100, die Beklagte 14/100 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung des Klägers.
Am 2.10.1978 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag aufgrund dessen der Kläger ab 1.10.1978 als Mitarbeiter in der elektronischen Datenverarbeitung beim Statistischen Bundesamt unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc BAT eingestellt wurde. Es ist vertraglich festgehalten, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT vom 23.2.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt.
Mit Schreiben vom 29.11.1983 teilte das Statistische Bundesamt dem Kläger mit, daß ihm mit Wirkung vom 1.12.1983 vorübergehend probeweise eine Tätigkeit nach Vergütungsgruppe III BAT übertragen werde. Mit Schreiben vom 10.1.1984 teilte das Statistische Bundesamt dem Kläger mit, daß er ab 1.2.[xxxxx] in die Vergütungsgruppe III BAT eingereiht werde.
Mit Schreiben vom 13.5.1985 wies die Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte in der Datenverarbeitung) vom 4.11.1983 darauf hin, seine durchgeführte Höhergruppierung sei in Frage gestellt. Die Beklagte teilte ferner mit, daß das Statistische Bundesamt beabsichtige, nach eingehender Prüfung der Angelegenheit an dieser Eingruppierung festzuhalten. Die Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT werde bis zur endgültigen Klärung weitergezahlt, die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe III und der Vergütungsgruppe IV a BAT müsse jedoch rückwirkend zum 15.11.1984 zurückgefordert werden, wenn der Bundesminister des Inneren an seiner Rechtsauffassung festhalte.
Mit Schreiben vom 14.2.1986 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei rückwirkend zum 1.10.1983 in Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 Teil II Abschn. B der Anlage 1 a zum BAT einzugruppieren. Weiter forderte die Beklagte vom Kläger den Differenzbetrag zwischen der Vergütung nach Vergütungsgruppe III und der Vergütungsgruppe IV a für den Zeitraum von November 1984 bis einschließlich Februar 1986 in voller Höhe zurück und bezifferte den Betrag mit 4.899,80 DM. Die Differenz zwischen Vergütungsgruppe IV a und III BAT beträgt in den Monaten November 1984 bis April 1985 insgesamt 1.877,99 DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe die Mitteilung der Beklagten vom 29.11.1983 unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen vom 10.1.1984 und 13.5.1985 als einzelvertragliche Vergütungszusage verstehen dürfen. Die Beklagte habe daher nur im Wege einer Änderungskündigung die Vergütungsgruppe ändern können. Die Beklagte könne auch keine Ansprüche auf Rückzahlung der Vergütungsdifferenz geltend machen, da er nicht mehr bereichert sei. Der Kläger hat behauptet, er habe im Vertrauen auf den rechtlichen Bestand seiner Höhergruppierung Ausgaben getätigt, die er ohne die Höhergruppierung unterlassen hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 7–13 der Klageschrift verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch für die Zeit nach dem 31.10.1984 Gehalt nach der Vergütungsgruppe III BAT zu zahlen;
- hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, den in ihrem Schreiben vom 14.2.1986 ihm gegenüber geltend gemachten Betrag von 4.899,80 DM zurückzufordern.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, aus der Formulierung des Arbeitsvertrages ergebe sich, daß nur die BAT-Bestimmungen für eine Eingruppierung maßgebend sein sollten. Für die Annahme einer außertariflichen Vergütungszusage sei daher kein Raum.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 20.8.1986 und in den Entscheidungsgründen u. a. ausgeführt, die Beklagte habe dem Kläger mit Schreiben vom 10...