Entscheidungsstichwort (Thema)
Tantieme. Carried Interest. Beteiligungsgesellschaft. Passivlegitimation
Leitsatz (amtlich)
1. Schließt ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber eine so genannte Carried-Interest-Vereinbarung, mit der er an dem Gewinn beteiligt wird, den sein Geschäftsbereich erwirtschaftet, nach der dieser Gewinn aber durch eine so genannte Partner-Beteiligungsgesellschaft eingeräumt wurde, so ist die Arbeitgeberin für Zahlungsansprüche hinsichtlich der Gewinnanteile in der Regel nicht passiv legitimiert.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer diese Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Zeiträume geltend macht, in denen der Arbeitgeber seine Geschäftsfähigkeit im betreffenden Bereich eingestellt hat.
3. Ein Schadensersatzanspruch des Carried-Interest-Berechtigten gegenüber dem Arbeitgeber wegen dessen Entscheidung, die Geschäftstätigkeit im betreffenden Bereich einzustellen, kommt nur dann in Frage, wenn der Arbeitgeber bewusst zum Nachteil des Arbeitnehmers handelt oder wenn er offensichtlich unsachliche Maßnahmen trifft, die den gewinnbeteiligten Arbeitnehmer schädigen (im Anschluss an SAG, Urteil vom 13.04.1978, 3 AZR 844/76, AP § 611 BGB Tantieme Nr. 1).
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.01.2004; Aktenzeichen 19 Ca 5356/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2004 – Az. 16/19 Ca 5356/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf eine bereichsbezogene Gewinnbeteiligung nach einem so genannten Carried-Interest-Modell.
Die Beklagte ist eine deutsche Großbank und beschäftigt mehrere Tausend Arbeitnehmer.
Der am 06. Mai 1968 geborene Kläger war seit dem 01. Mai 2001 zunächst mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 30. November 2000, wegen dessen Inhalt auf Bl. 7–9 d.A. Bezug genommen wird, bei der D. AG (kurz: D. Investor), einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten, im Bereich Private Equity tätig.
Gegenstand dieses Geschäftsbereichs ist der Erwerb von Beteiligungen an in der Regel nicht börsenorientierten Unternehmen, um diese Beteiligungen – sofern erforderlich nach einer Reorganisation des Unternehmens – wieder Gewinn bringend zu veräußern. Dem Kläger oblag in diesem Zusammenhang die Aufgabe, geeignete Unternehmen zu identifizieren, die Akquisition vorzubereiten und das Engagement bis zur Veräußerung der Beteiligungen zu begleiten.
Als Vergütung sah der Arbeitsvertrag ein Grundgehalt von 102.260,00 EUR brutto sowie einen Bonus in derselben Höhe vor, der für das erste Jahr der Beschäftigung garantiert war. Darüber hinaus enthält der Arbeitsvertrag die Regelung:
„Es ist vorgesehen, im Zusammenhang mit der derzeitigen Neuordnung der variablen Vergütung die Bonuszahlung im Verlauf des Jahres 2001 durch ein Carried Interest Modell zu ersetzen.”
Im Laufe des Jahres 2001 übernahm die Beklagte von ihrer Tochtergesellschaft das Geschäftsfeld Private Equity und ordnete es ihrem Geschäftsbereich D. C. Partners zu. Dieser wiederum ist dem Gesamtbereich C. Investments zugeordnet. Infolge dieses Übergangs ging das Arbeitsverhältnis der Klägers mit zum 01. September 2001 auf die Beklagte über. In diesem Zusammenhang erhielt der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 22. August 2001 (Bl. 52 d.A.), in dem es auszugsweise hieß:
„Ihre Bezüge berechnen sich wie bisher. Die Teilnahme an weiteren Gehaltsbestandteilen, wie z.B. Carried-Interest-Plänen, ist gesondert zu vereinbaren.”.
Unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers und Leiter des F. Büros der Abteilung D. C. Partners Private. Equity war Herr F. S.. Darüber hinaus unterhielt die Beklagte noch ein Büro in L. Dessen Leiter und Gesamtverantwortlicher für das europäische Private-Equity-Geschäft der Beklagten war Herr G. C., Verantwortlicher für das weltweite Private-Equity-Geschäft Herr T. V.
Mit Schreiben vom 01. Juli 2002 in englischer Sprache (Bl. 11 d.A.) informierte die Beklagte den Kläger über seine Teilnahme am Carried-Interest-Plan. Der erste Absatz dieses Schreibens lautet in unstreitiger deutscher Übersetzung:
„Wir sind erfreut, Ihnen bestätigen zu können, dass Sie an dem Carried-Interest-Plan der D. C. Partners E. Group teilnehmen werden. Ihr Anteil an der D. C. Partners E. Group im Jahre 2002 wird 0,30 Punkte aus 20 Punkten sein.”
Die Ausschüttung des Carried Interest an die Mitarbeiter sollte über eine amerikanische Beteiligungsgesellschaft, die D. C. Partners (Europe) 2002 Founder Partner LP, eine Gesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware (USA) erfolgen. An dieser Gesellschaft sollten die Mitarbeiter des Geschäftsbereichs als Gesellschafter beteiligt werden. Die D. C. Partners (Europe) Delaware 2002 Founder Partner LP ihrerseits sollte an der D. C. Partners Europe LP mit Sitz in G. gesellschaftsrechtlich beteiligt werden, über die als Holdinggesellschaft die Investitionen der Beklagten für den Bereich D. C. Partners ...