Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Rückwirkende Versicherungspflicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Die rückwirkende Versicherungspflicht nach § 4 des Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost in der Fassung vom 01.01.1985 gilt nur für befristete Arbeitsverhältnisse, die nach In-Kraft-Treten des Tarifvertrags zum 01.01.1985 über die zunächst vorgesehene Befristung von sechs Monaten hinaus fortgesetzt werden.
2. Diese tarifvertragliche Regelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
VTV § 4; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wetzlar (Urteil vom 15.01.2002; Aktenzeichen 1 Ca 531/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 15.01.2002 (Az.: 1 Ca 531/00) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war seit 06.10.1969 bei der Beklagten als Vertretungskraft bis zum Wiedereintritt der seit dem 06.10.1969 im Mutterschutz befindlichen Arbeitnehmerin Rauber bis zum 28.12.1969 befristet eingestellt. Das zunächst bei der Einstellung der Klägerin prognostizierte Ende der Mutterschutzfrist der Arbeitnehmerin A. verschob sich infolge ihrer späteren Niederkunft am 15.12.1969 bis zum 16.01.1970. Die Arbeitnehmerin A. kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten am 15.12.1969 zum 16.01.1970. Die Klägerin wurde über den 28.12.1969 hinaus ununterbrochen weiterbeschäftigt. Die Personalstelle der Beklagten vermerkte am 13.01.1970 in der Personalakte der Arbeitnehmerin A. deren Ausscheiden zum 16.01.1970 und hinsichtlich der Klägerin, dass diese am 17.01.1970 „ständige Kraft” wird. Dementsprechend wurde die Klägerin von der Beklagten ab 17.01.1970 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und die Beklagte meldete die Klägerin ab dem 12.01.1970 bei der Versorgungsanstalt der Beklagten zur sog. VAP-Versicherung an.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin so gestellt zu werden, als sei sie seit 06.10.1969 bei der VAP-Versicherung versichert gewesen. Beide Parteien dieses Rechtsstreits sind tarifgebunden.
Mit Bescheid vom 13.9.1989 setzte die Beklagte die Dienst- und die Postdienstzeit der Klägerin auf den 6.10.1969 fest.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Versicherungspflicht bezüglich der VAP-Versorgung beginne mit dem Zeitpunkt ihrer Einstellung am 06.10.1969, da ein innerer Zusammenhang zwischen der befristeten und der nachfolgenden unbefristeten Beschäftigung bestehe. Darüber hinaus sei zum Zeitpunkt der Einstellung im Oktober 1969 ihre Weiterbeschäftigung über 6 Monate hinaus vorgesehen gewesen, weil die Arbeitnehmerin A. offensichtlich bereits seinerzeit mitgeteilt habe, dass sie nicht plane, nach Ablauf des Mutterschutzes ihren Arbeitsplatz wieder einzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Klägerin von der Beklagten hinsichtlich der VAP-Versorgung so zu stellen ist, als sei sie seit dem 06.10.1969 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt gewesen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin am 06.10.1969 sei nicht davon auszugehen gewesen, dass die Klägerin länger als 6 Monate beschäftigt werde. Die Arbeitnehmerin A. habe sich die Möglichkeit der Rückkehr bewusst offen gehalten. Auch sei zunächst offen gewesen, ob es selbst bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Frau A. zu einer Weiterbeschäftigung der Klägerin gekommen wäre, da diese erst habe erprobt werden müssen. Eine über 6 Monate andauernde Beschäftigung der Klägerin sei frühestens ab dem Zeitpunkt der Kündigungserklärung durch Frau A. am 15.12.1969 anzunehmen gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihr am 24.01.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.02.2002 Berufung eingelegt und diese am 18.03.2002 begründet.
Die Klägerin vertieft ihr Vorbringen erster Instanz und behauptet, die ehemalige Kollegin A. habe bereits zu Beginn ihrer Mutterschutzfrist am 06.10.1969 dem damaligen Postamt X. und der Personalstelle gegenüber mündlich geäußert, dass sie nach der Entbindung ihren Dienst nicht wieder aufnehmen werde. Die Klägerin ist der Auffassung, § 4 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungstarifvertrages der Deutschen Bundespost in der (neuen) Fassung vom 01.01.1985 sei dahin auszulegen, dass auch bereits bestehende Arbeitsverhältnisse davon erfasst würden mit der Folge, dass die Klägerin von Beginn ihres Arbeitsverhältnisses an – quasi rückwirkend – zu versichern gewesen sei. Im Zweifel sei anzunehmen, dass Arbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Tarifvertrages bestehen, in vollem Umfang von den Tarifnormen erfasst werden. In der Änderung des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost ab 01.01.1985 sei nichts anderes vereinbart worden. Die Änderungen würden deshalb auch für Arbeitsverhältnisse, d...