Revision eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Klage auf Erstattung von Krankengeld. Entgeltfortzahlungsanspruch bei Auslandserkrankung. Mitteilung der Auslandsanschrift
Normenkette
EFZG §§ 3, 5, 7; SGB X § 115
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 27.07.1995; Aktenzeichen 5 Ca 64/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Juli 1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main – 5 Ca 64/95 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 1.803,48 DM (i.W. eintausendachthundertunddrei 48/100 Deutsche Mark) nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 14. Februar 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte unterhält in O. a M. einen Betrieb der Metallverarbeitung. Bei ihr war vom 26. November 1985 bis zum 31. Dezember 1994 der am 11. August 1964 geborene, bei der Klägerin krankenversicherte Arbeiter E. E. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen E. und der Beklagten fand der gemeinsame Manteltarifvertrag der hessischen Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Anwendung. Die Beklagte hatte E.: für die Zeit vom 01. August bis Anfang September 1994 Urlaub bewilligt, den er in seiner Heimat in der Türkei verbrachte. Am 25. August 1994 bescheinigte der Vertrauensarzt des zuständigen türkischen Sozialversicherungsträgers E. krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Enteritis (Dünndarmentzündung); für den 04. September 1994 ordnete er eine Kontrolluntersuchung an (vgl. Bl. 5, Hülle Bl. 102 d.A.). Der türkische Sozialversicherungsträger unterrichtete die Klägerin auf dem vorgesehenen Formular A/T 15 über die Arbeitsunfähigkeit E. (vgl. Bl. 3, Hülle Bl. 102 d.A.). Am Tage der Krankschreibung, d.h. am 25. August 1994 unterrichtete E. seinen unmittelbaren Vorgesetzten S. telefonisch von seiner Arbeitsunfähigkeit. Am 29. August 1994 ging bei der Beklagten eine schriftliche Auslandskrankmeldung für E. ein.
Am 04. September 1994 stellte ein anderer Vertrauensarzt des türkischen Sozialversicherungsträgers eine Fortdauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit E. bei gleicher Diagnose bis zum 13. September 1994 fest (vgl. Bl. 6, Hülle Bl. 102 d.A.). Der türkische Sozialversicherungsträger unterrichtete die Klägerin über die Fortdauer der Erkrankung E. auf dem vorgesehenen Formular A/T 18 (vgl. Bl. 4, Hülle Bl. 102 d.A.). Von der Fortdauer der Erkrankung E. über den 04. September 1994 hinaus erfuhr die Beklagte am 13. September 1994, als dieser in die Bundesrepublik zurückkehrte. Am 14. September 1994 nahm E. seine Arbeit bei der Beklagten wieder auf.
Die Beklagte weigerte sich, an E. für die Zeit vom 25. August bis zum 13. September 1994 Lohn zu zahlen. Aus diesem Grunde gewährte die Klägerin E. Krankengeld in Höhe von insgesamt 1.803,48 DM.
Mit der Klage vom 08./09. Februar 1995 hat die Klägerin von der Beklagten die Erstattung des Krankengeldes gefordert, das sie für die Zeit vom 25. August bis zum 13. September 1994 an ihr Mitglied E. E. gezahlt hat. Sie ist der Auffassung gewesen, durch die Vorlage der Atteste der Vertrauensärzte des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 25. August und 04. September 1994 sei die Arbeitsunfähigkeit E. bewiesen; auch die übrigen formellen Voraussetzungen für einen Lohnfortzahlungsanspruch E. seien erfüllt; dieser Lohnfortzahlungsanspruch sei in Höhe des gezahlten Krankengeldes nach § 115 Abs. 1 SGB X auf sie übergegangen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, verauslagtes Krankengeld in Höhe von 1.803,48 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Februar 1995 an sie zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung gewesen, ihr Arbeiter E. habe für die Zeit vom 25. August bis zum 13. September 1994 kein Lohnfortzahlungsanspruch zugestanden, der auf die Klägerin habe übergehen können. Sie hat sich darauf berufen, E. habe entgegen der Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ihr nicht seine Urlaubsanschrift in der Türkei mitgeteilt; dies führe zum Verlust des Lohnfortzahlungsanspruchs.
Darüberhinaus hat die Beklagte bestritten, daß die Vertrauensärzte des türkischen Sozialversicherungsträgers E. ordnungsgemäß untersucht und dessen Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf seinen Arbeitsplatz festgestellt hätten. Sie hat gemeint, Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigungen vom 25. August und 04. September 1994 seien auch deshalb gerechtfertigt, weil E. sich bereits in den Jahren 1987 und 1989 während seines Urlaubs in der Türkei habe krankschreiben lassen. Hierfür hat die Beklagte sich auf Schriftwechsel aus diesen beiden Kalenderjahren berufen (Bl. 25–27 d.A.).
Die Klägerin hat sich zum Beweis für eine ordnungsmäßige Untersuchung E. durch die Vertrauensärzte des türkischen Sozialversicherungsträgers auf die Aussage des Arbeitnehmers selbst und des Arztes Dr. K. E. berufen. Sie hat ferner geltend gemacht, die Beklagte habe E. selbst nicht nach dessen Urlaubsanschrift gefragt.
Das Arbeitsgericht Offenbac...