Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Ablösung. Betriebsvereinbarung. Ablösung, Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. Der beim Veräußerer eines Betriebes bestehende Betriebsrat kann mit dem zukünftigen Erwerber des Betriebes oder Betriebsteils eine Betriebsvereinbarung abschließen, die aufschiebend bedingt mit dem Betriebs(teil)erwerb in Kraft tritt.
2. Wird dadurch eine beim Veräußerer bestehende Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung abgelöst, gelten die allgemeinen Grundsätze über die Ablösung einer älteren Betriebsvereinbarung durch eine jüngere und die dabei vorzunehmende Kontrolle auf Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verschlechterungen.
Normenkette
BetrAVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Fulda (Urteil vom 16.05.2001; Aktenzeichen 1 Ca 585/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Fulda vom 16.05.2001 – 1 Ca 585/00 – wird aufseine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Versorgung zu verschaffen, die derjenigen durch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) entspricht.
Der am 28. September 1961 geborene Kläger war seit dem 14. Dezember 1992 bei der Ü. F. als Busfahrer beschäftigt. Diese hatte mit etwa 430 Arbeitnehmern zum einen die Stromversorgung und zum andern öffentlichen Personennahverkehr in der Region F. betrieben.
Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge für die Versorgungs- und Verkehrsunternehmen Anwendung, die von der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. einerseits und der Gewerkschaft ÖTV sowie der DAG andererseits abgeschlossen worden waren. Im Rahmentarifvertrag ist bestimmt:
„§ 19
Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Die Unternehmen gewähren Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung nach den jeweils bei ihnen gültigen Bestimmungen.”
Die Ü. F. war seit 1938 Beteiligte der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und versicherte ihre Arbeitnehmer bei der VBL. Dies ist seit spätestens 1976 durch Betriebsvereinbarung geregelt.
Im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Ü. F. war bestimmt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem jeweils gültigen Rahmentarifvertrag für die Versorgungs- und Verkehrsunternehmen richtet, dass der Kläger der VBL angehört und der Beitrag hierfür entsprechend der Satzung entrichtet wird.
Im Jahr 1999 entschied die Ü. F. zum 01. Januar 2000 den Verkehrsbetrieb mit etwa 100 von ca. 430 Arbeitnehmern insgesamt auf eine eigene Tochtergesellschaft auszugliedern. Dies war notwendig, um als lokaler Bewerber im öffentlichen Nahverkehr in F. künftig am wettbewerbsorientierten Markt bestehen zu können.
Um dies zu erreichen gründete die Ü. F. die Beklagte. Die Beklagte schloss sich dem Landesverband hessischer Omnibusunternehmen (LHO) e. V. an. In dessen Tarifverträgen mit der Gewerkschaft ÖTV waren keine Verpflichtungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung vorgesehen. Die Beklagte wurde auch nicht Beteiligte des VBL.
Zur Vorbereitung der Ausgliederung des Verkehrsbetriebs auf die Beklagte schlossen die Ü. F. und die Beklagte sowie der Betriebsrat der Ü. F. am 24. November 1999 eine Betriebsvereinbarung mit Regelungen zum Ausgleich bzw. zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die aus dem Verkehrsbereich auf die Beklagte zum 01.01.2000 übergehenden Arbeitnehmern. In dieser Betriebsvereinbarung (im Folgenden: Sozialplan) ist unter II. u. a. bestimmt:
„Die BV gilt ab sofort für alle Arbeitnehmer der Ü. und regelt die Arbeitsbedingungen abschließend auf betrieblicher Ebene. Im Übrigen finden alle bestehenden Betriebsvereinbarungen der Ü. für die Arbeitnehmer der Ü. (Beklagte) ab dem 31.12.1999 keine Anwendung.
Die BV wirkt insbesondere bezüglich der von der Ü. übernommenen Pflichten als Vertrag zugunsten Dritter.”
Bei den „Regelungen für übergeleitete Arbeitnehmer” ist unter III. i) bestimmt:
„Zusatzversorgung
Da die betriebliche Altersversorgung zum 31.12.1999 über die VBL beendet ist, wird eine gesonderte Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung der übergeleiteten Arbeitnehmer in Form einer überbetrieblichen Unterstützungskasse geschlossen. Diese umfasst folgende Eckpunkte
- • individueller Differenzbetrag (zwischen VBL-Versicherungsrente zum 31.12.1999 und VBL-Versorgungsrente im Pensionsalter) als Versorgungszusage
- • Witwenrente (60 %, auf Lebenszeit, ohne Gesundheitsprüfung).
Die konkrete Ausgestaltung dieser Eckpunkte ist auch in Abhängigkeit der Eigenleistung (bisheriger VBL-Beitrag) der Mitarbeiter zu erarbeiten.
Der Abschluss dieser Betriebsvereinbarung erfolgt bis zum 31.12.1999.”
In einer weiteren Betriebsvereinbarung mit den gleichen Beteiligten vom 10. Dezember 1999 (im Folgenden: BV 99) erfolgte die konkrete Ausgestaltung der Altersversorgung. Danach soll über eine überbetriebliche Unterstützungskasse als Altersversorgung eine „Ausgleichsrente” als Differenz de...