Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckungsabwehrklage. notarielles Schuldanerkenntnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anfechtung einer auf die Herstellung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerichteten Willenserklärung wegen widerrechtlicher Drohung greift nicht durch, wenn der Anfechtende selbst Manipulationen eingeräumt hat und der Arbeitgeber unter Bezugnahme auf eine Strafanzeige auf die Herstellung eines Schuldanerkenntnisses besteht.

2. Die nicht näher untermauerte Behauptung des Arbeitnehmers vor der Herstellung eines notariellen Schuldanerkenntnisses „unter Druck gesetzt worden zu sein” begründet keine Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB oder den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, wenn der Gläubiger aus dem notariellen Schuldanerkenntnis vollstrecken will.

 

Normenkette

ZPO § 767 Abs. 1, § 797 Abs. 4; BGB §§ 781, 123, 138, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 04.12.2002; Aktenzeichen 5 Ca 63/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 4. Dezember 2002 – 5 Ca 63/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Wege der Zwangsvollstreckungsabwehrklage die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde sowie die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieser Urkunde.

Der Kläger ist 20 Jahre alt und war seit dem 07. August 2000 zunächst als Aushilfe und beginnend mit dem 01. August 2001 als Auszubildender für die Beklagte in deren Filiale in R. tätig. Dem Berufsausbildungsverhältnis der Parteien lag ein Berufsausbildungsvertrag zugrunde, der von der zuständigen Industrie- und Handelskammer D. am 17. Juli 2001 geprüft wurde. Wegen des Inhalts dieses Berufsausbildungsvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 6 d.A.) Bezug genommen. Danach sollte der Kläger eine Lehre als Verkäufer mit dem Schwerpunkt des Verkaufs von Lebensmitteln im Einzelhandel absolvieren. Die Parteien haben das Ausbildungsverhältnis betrieblich im Lebensmittelmarkt der Beklagten in R. durchgeführt.

Am Nachmittag des 11. September 2001 wurde der Kläger in das Personalbüro der Beklagten gerufen, in dem Herr K. von der Bezirksmarktleitung, Herr K. als stellvertretender Verkaufsleiter sowie die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau S., anwesend waren. In dem nachfolgenden Gespräch wurden dem Kläger Kassenmanipulationen, Leergutkassenmanipulationen, Geldmanipulationen und unberechtigte Warenentnahmen vorgeworfen. Anlass für dieses Gespräch war, dass die Marktleiterin, Frau N., zuvor an die Vorgesetztenstellen den Hinweis gegeben hatte, dass in dem Lebensmittelmarkt Unregelmäßigkeiten vorhanden seien. Sie hatte darum gebeten, dass Überprüfungen vorgenommen werden.

Zu Beginn dieses Gesprächs wurde gegenüber dem Kläger offenbart, dass man von Unregelmäßigkeiten ausgehe. Als Begründung gaben die Vertreter der Beklagten an, dass es zu nicht nachvollziehbaren Inventurdifferenzen in den letzten Monaten gekommen sei. Das hierüber geführte Gespräch, dessen konkreter Verlauf zwischen den Parteien streitig geblieben ist, fand mit einem „Schuldgeständnis” des Klägers sein Ende. In diesem Schuldgeständnis vom 11. September 2001 räumt der Kläger ein unkorrektes Verhalten gegenüber seinem Arbeitgeber ein. Des Weiteren nennt er begünstigte Personen, beziffert den Schaden auf DM 35.000,00 und teilt mit, dass er in monatlichen Raten in Höhe von DM 350,00 seine Schulden bezahlen wollte. Wegen des Inhalts dieses Schuldgeständnisses wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 13. Mai 2002 (Bl. 28 f. d.A.) Bezug genommen.

Am gleichen Tag wurde bei dem von der Beklagten beauftragten Notar U. B. in R. ein notarielles Schuldanerkenntnis protokolliert. In diesem Schuldanerkenntnis wurde festgestellt, dass der Kläger der Beklagten DM 35.000,00 schuldet. Zugleich hat sich der Kläger in diesem notariellen Schuldanerkenntnis der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen. Wegen des Inhalts dieses notariellen Schuldanerkenntnisses wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 7 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17. September 2001 hat der Kläger sämtliche Erklärungen aus den Gesprächen am 11. September 2001 aus allen rechtlichen Gesichtspunkten anfechten lassen. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 11 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2002 hat die Beklagte über das von ihr beauftragte Inkassounternehmen, den Kläger zur Zahlung der im Schuldanerkenntnis festgestellten Forderung aufgefordert und Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 4 zur Klageschrift (Bl. 14 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass seine Erklärungen am 11. September 2001 unwirksam bzw. nichtig seien.

Hierzu hat der Kläger behauptet, dass man ihn in den Gesprächen massiv unter Druck gesetzt habe.

Der Kläger hat weiter behauptet, dass man ihm gegenüber mit e...

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