Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässige zwischen Tarifvertragsparteien schuldrechtlich vereinbarte Differenzierungsklausel mit Umsetzungsweg über gewerkschaftsnahen Verein. Keine Verletzung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Zulässigkeit einer zwischen Tarifvertragsparteien schuldrechtlich vereinbarten Differenzierungsklausel
Leitsatz (redaktionell)
Es stellt keine Verletzung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, wenn die Tarifvertragsparteien eine Differenzierungsklausel mit Umsetzungsweg über gewerkschaftsnahen Verein vereinbaren.
Normenkette
BGG § 611; GG Art. 9
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 08.12.2011; Aktenzeichen 10 Ca 217/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 08. Dezember 2011, 10 Ca 217/11, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche.
Der Kläger ist bei der durch formwechselnde Umwandlung der A entstandenen Beklagten in deren Betrieb in B als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen C e.V. und der Industriegewerkschaft Metall Bezirksleitung D abgeschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land C Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbands, der Kläger ist nicht Mitglied der IG Metall.
Am 31. Mai 2010 schlossen die Beklagte, seinerzeit noch in der Rechtsform einer GmbH (bezeichnet als A), die mittlerweile auf die Beklagte bzw. die seinerzeitige A als übernehmende Rechtsträger verschmolzenen Gesellschaften E, F und G, die H, die I, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen C e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie J e.V., der Verband der K Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie L e.V., die Betriebsräte B, M, N und des Testzentrums O der Beklagten, der Betriebsrat P Q, die IG Metall, Bezirksleitungen D und J eine als Master Agreement bezeichnete Vereinbarung (Bl. 122 f d.A.), die auszugsweise wie folgt lautet:
Abschnitt I
Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung
Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. ...
Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die A bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.
Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. € p.a. in Deutschland (265 Mio. in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. ...
Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der A gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.
Abschnitt II
Aufschiebende Bedingung
Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten
- Gewinnbeteiligung
- Sicherheiten
- Tarifvertrag Engineering
bis zum 1.9.2010 abschließen.
Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierung gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50 % bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.
Abschnitt IV
Gewinnbeteiligung und Sicherheiten
B.) Personalkostenreduzierungen
Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/Tarifverträge mit dem nachfolgenden beschriebenen Inhalt abschließen:
1. Einmalzahlungen
Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,- € brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,- € brutto für Auszubildende entfällt.
2. Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012
Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2011 in Höhe von 2,7 % entfällt bis zum 31.01.2012. Die Tarifentgelte werden erst mit Wirkung ab dem 01.02.2012 um 2,7 % in Anwendung des ERA-Entgeltabkommen vom 18.02.2010 erhöht.
3. Reduzierung des Urlaubsgelds und Weihnachtsgelds
Das Urlaubsgeld sowie die Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2010 und 2011 wird auf 50 % der derzeit bestehenden Regelung reduziert. Bei Mitarbeitergruppen, die ein verstetigtes Urlaubs- ode...