Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit (Immunität). Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses der Parteien
Leitsatz (amtlich)
Es geht im Streitfalle zunächst ausschließlich um die Frage, ob sich die E. W. (= E.) gegenüber den Klägern auf die ihr im E. Abkommen grundsätzlich zuerkannte Immunität berufen kann (Frage der Bindung der Beklagten an das sog. E.-Abkommen juris EWOÜbk vom 08.09.1967 in BGBl. II 1969, S. 92 ff, evtl. gebotene Auslegung des Art. 6 Abs. 2 jenes Abkommens, Frage der rechtswirksamen Begründung der Immunität zugunsten der bis zum 31.10.1980 fortbestandenen vormaligen E. W. – E. –).
Normenkette
GVG § 20 Abs. 2; E.-Abkommens (in BGBl II 1976, S. 1861 ff) Art. XV Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 10.04.1991; Aktenzeichen 8 Ca 51/90) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom10. April 1991 – Az.: 8 Ca 51/90 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Es wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen jeweils ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist und ggfs. fortbesteht.
Die Beklagte ist die E. W. (E. S. A. = E.) mit dem Sitz in P. welche – als Fortsetzungsorganisation der zuvor bestandenen E. W. (E. S. A. R. O. = E.) – durch das Übereinkommen vom 30. Mai 1975 zur Gründung der E. W. (sog. E.-Abkommen, als Gesetz verkündet in BGBl II 1976, S. 1861 ff, Kopien Bl. 148 ff d.A.) errichtet wurde. Sie unterhält in D. das E. O. f. W. (E. S. O. C. = E.), welches durch ein am 08. Sept. 1967 vereinbartes Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der E. (sog. E.-Abkommen, bekanntgemacht in BGBl. II 1969, S. 92 ff, Kopien Bl. 12 ff d.A.) errichtet wurde.
Die beiden jetzt 46 bzw. 41 Jahre alten Kläger sind … Staatsangehörige sowie von Beruf Computerspezialisten und Systemprogrammierer. Sie waren in der Zeit von 1977 bis 1979 Angestellte einer Fa. S., welche sie der Beklagten zum Dienst bei der E. in D. – zur Verfügung stellte. Als die Fa. S. die Geschäftskontakte zur Beklagten einbüßte, trat an ihre Stelle eine. Fa. C. D. P. L. in D.-…/I., in deren Auftrag die Kläger seither an gleicher Stelle wie bislang bei der Beklagten tätig waren. Im Jahre 1982 gründeten die Kläger – nach ihrer Behauptung auf Wunsch der Beklagten – gemeinsam eine Fa. S. L. in M.-/E., welche anschließend ihre vertraglichen Beziehungen zur Fa. C. D. – wahrnahm und für die Abwicklung der seitens der Beklagten erbrachten Entgelte zuständig war. Im Jahre 1984 wurde die Fa. S. L. durch eine – wiederum von den Klägern selbst gegründete. – Fa. N. C. in J./C. I. ersetzt, während die Beklagte ihre Vertragsbeziehungen zur Fa. C. D. seither durch eine von ihr abhängige Unterorganisation mit Namen „S. S.” wahrnehmen ließ (vgl. hierzu u.a. den Vertrag vom 02. Mai 1982 zwischen den Firmen C. D. und S., Bl. 21–27 d.A., sowie den Vertragsentwurf zwischen den Firmen C. D. und N. C., Bl. 29–31, 247–251 d.A.). Auf dieser vertraglichen Basis waren die Kläger seit Jan. bzw. Aug. 1977 ununterbrochen für die Beklagte tätig, wobei sich ihr durchschnittlicher Monatsbezug zuletzt auf jeweils 14.000,– DM belief.
Mit Schreiben vom 12. Okt. 1990 (Bl. 42, 97/253 d.A.) teilte die Fa. C. D. den Klägern jeweils mit, daß das Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Fa. N. C. zum 31. Dez. 1990 aufgekündigt werde.
Mit ihren jeweils am 07. Nov. 1990 zugestellten Feststellungsklagen machen die Kläger geltend, sie seien gem. der Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG Arbeitnehmer der Beklagten geworden und hätten diesen Status – ungeachtet der vorerwähnten Kündigung seitens der Fa. C. D.- bis zum heutigen Tage beibeihalten. Demgegenüber beruft sich die Beklagte auf die ihr in Art. XV Abs. 2 ihres vorerwähnten Gründungsabkommens und dessen Anlage I (letztere veröffentlicht a.a.O., S. 1882 ff, Kopien Bl. 158 – Rs – ff d.A.) verliehene Immunität vor der deutschen Gerichtsbarkeit, d.h. von seiten der Beklagten besteht keine Bereitschaft, sich auf eine Erörterung der materiellrechtlichen Problematik überhaupt einzulassen.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß sich die Beklagte im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht auf die ihr ansonsten unbestritten zustehende Immunität zurückziehen könne, weil sich ihre Rechtsvorgängerin, die E. hinsichtlich etwaiger Streitigkeiten mit einem bestimmten Kreis ihrer in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Bediensteten ausdrücklich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen habe. Insoweit haben sich die Kläger hinsichtlich derjenigen Mitarbeiter, welche nicht in die Zuständigkeit eines von der Beklagten eigens geschaffenen „Appeals Board” fielen, auf Art. 6 Abs. 2 des vorerwähnten E.-Abkommens berufen; diese Unterwerfung habe über Art. XIX des E.-Abkommens zu Lasten der Beklagten auch weiterhin Gültigkeit behalten.
Nach Ansicht der Kläger ist der Verzicht auf das einer Person oder Organisation gewährte Vorrecht der Immunität g...