Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Befristung eines Arbeitsvertrages aufgrund des Sachgrundes der Vertretung eines anderen Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers zur Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben eines wegen Krankheit, Beurlaubung oder aus ähnlichen Gründen zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist regelmäßig durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

2. Teil des Sachgrundes der Vertretung ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs bei Rückkehr des zu vertretenden Arbeitnehmers, die in Vertretungsfällen regelmäßig gerechtfertigt ist.

3. Auch bei einer wiederholten Befristung wegen mehrfacher Urlaubs- und Krankheitsvertretung kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die zu vertretende Stammkraft an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird. Er braucht daher vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Vertretungskraft keine Erkundigungen über die gesundheitlichen Entwicklungen des Erkrankten oder die Planungen des beurlaubten Arbeitnehmers einzuholen.

 

Orientierungssatz

Sachl. Grund: Vertretung.

Besonderheit: befristet eingestellter Arbeitnehmer ist Vollzeit, zu vertretene Arbeitnehmerin ist Teilzeit.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 12.03.2014; Aktenzeichen 14 Ca 6652/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.04.2017; Aktenzeichen 7 AZR 436/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 12. März 2014 - 14 Ca 6652/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung geendet hat und um Weiterbeschäftigung.

Der am xx. xx 1993 geborene, ledige Kläger war bei der Beklagten seit dem 01. Februar 2009 auf der Basis verschiedener befristeter Arbeitsverträge als Briefzusteller gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 2.070,00 in Vollzeit beschäftigt.

Unter dem 09. Januar 2013 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag (vgl. die Anlage K 8 zur Klageschrift vom 13. September 2013, Bl. 17 d. A.), ausweislich dessen der Kläger ab dem 13. Januar 2013 als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer befristet bis zum 30. September 2013 beschäftigt werden sollte. Dieser Arbeitsvertrag enthält als Befristungsgrund folgende Formulierung:

"Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters A."

Unter dem 18. September / 30. September 2013 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (vgl. die Anlage K 9 zur Klageschrift vom 16. Januar 2014, Bl. 37, 38 d. A.), ausweislich dessen der Kläger ab dem 01. Oktober 2013 als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer befristet bis zum 28. Dezember 2013 für die Beklagte tätig werden sollte. Auch dieser Arbeitsvertrag enthält als Befristungsgrund folgende Formulierung:

"Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters A."

Der Kläger schloss den Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt der rechtlichen Klärung der Wirksamkeit der Befristung vom 09. Januar 2013 (vgl. die Anlage K 9, Bl. 37, 38 d. A.). Der Kläger wurde im Bereich des Zustellstützpunktes mit Leitungsfunktionen (ZSPL) Dreieich eingesetzt.

Mit Klage vom 13. September 2013, die beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen ist und der Beklagten am 26. September 2013 zugestellt worden ist, wandte sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2013. Mit Klageerweiterung vom 16. Januar 2014, die beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen ist und der Beklagten am 21. Januar 2014 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses zum 28. Dezember 2013.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristungen seien unwirksam. Die in seinen Arbeitsverträgen erwähnte Mitarbeiterin A sei während der Befristungszeiträume nicht abwesend gewesen, sondern habe bei der Beklagten gearbeitet.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder aufgrund der am 09. Januar 2013 vereinbarten Befristung zum 30. September 2013, noch aufgrund der am 18. / 30. September 2013 vereinbarten Befristung zum 28. Dezember 2013 beendet worden ist;
  2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Briefzusteller weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Befristungen seien durch einen sachlichen Grund im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gerechtfertigt. Bei dem Mitarbeiter A, der in den Arbeitsverträgen des Klägers erwähnt sei, handle es sich um Frau A. Sie sei Beamtin des einfachen Dienstes und arbeite regulär in Vollzeit als Briefzustellerin. Sie sei ebenfalls im ZSPL Dreieich eingeset...

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