Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines landwirtschaftlichen Berufsausbildungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Die schriftliche Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses bedarf nicht der eigenhändigen Unterschrift des Ausbilders.
2. Ein Ausbildungsverhältnis kann außerordentlich gekündigt werden, wenn der Auszubildende in vorwerfbarer Weise eine Kündigung des Ausbilders „provoziert” (hier: schaffen „vollendeter Tatsachen”, um eine dem Auszubildenden günstige einseitige Vertragsabänderung „durchzudrücken”).
Normenkette
BBiG § 15 Abs. 3, 2
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 10.04.1984; Aktenzeichen 3 Ca 515/83) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 10.04.1984 – 3 Ca 515/83 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob das zwischen ihnen mit Wirkung ab dem 01.01.1983 vereinbarte Ausbildungsverhältnis, wegen dessen Einzelheiten auf den Ausbildungsvertrag (Bl. 7 – 10 d. A.) Bezug genommen wird, durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 03.06.1983, der Klägerin zugegangen am 04.06.1983 (Bl. 57 – 60 d. A.), wirksam beendet worden ist.
Wegen des hierzu erstinstanzlich vorgetragenen Streitstoffs wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 62 d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat – nach Scheitern der Schlichtungsverhandlung vor dem Schlichtungsausschuß am 23.09.1983 (vgl. Bl. 4 – 6 d. A.) – dem gegen die Kündig ung vom 03./04.06.1983 gerichteten klägerischen Feststellungsantrag stattgegeben. Wegen der diesbezüglichen Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 63, 64 d. A.) verwiesen.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung verfolgt der Beklagte sein auf Klageabweisung gerichtetes Prozeßziel weiter. Er rügt, das Arbeitsgericht habe seinen Sachvortrag unrichtig gewürdigt und gewertet. Die Kündigung sei primär auf zwei Aspekte gestützt, nämlich die Verweigerung der der Klägerin aufgegebenen Tätigkeit in der Winzergenossenschaft am 24.05.1983 sowie den Vertragsbruch der Klägerin am 30.05.1983. Die Arbeiten in der Winzergenossenschaft habe die Klägerin nicht einfach verweigern können, nachdem sie sie zuvor mehrfach gemacht habe. Das Ausbildungsverhältnis sei bis dahin durch die mehrfache Forderung nach früherem Feierabend und einer „industriegleichen” Ausbildungszeit sowieso schon stark belastet gewesen. Die Klägerin müsse sich auch Vertragsbruch vorhalten lassen, weil sie die erst wenige Monate zuvor getroffene Abrede, auf dem Hof des Beklagten unter Anrechnung auf die Ausbildungsvergütung die volle Verpflegung entgegenzunehmen, gegen den Willen des Beklagten einseitig aufgekündigt habe. Auch mit der Räumung des vertragsgemäß der Klägerin auf dem Hof zur Verfügung gestellten Zimmers sei er nicht einverstanden gewesen. Wenn die Klägerin insoweit eine Vertragsabänderung erreichen wollte, hätte sie dies mit rechtlichen Mitteln (z. B.: Änderungskündigung) versuchen müssen. Jedenfalls müsse sie sich entgegenhalten lassen, den Beklagten insoweit gegen seinen Willen vor vollendete Tatsachen gestellt zu haben.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, das Kündigungsschreiben genüge nicht den strengen Formerfordernissen des § 15 Abs. 3 BBlG, weil eine eigenhändige Unterschrift des Beklagten fehle. Auch sei der Kündigungssachverhalt im Kündigungsschreiben in tatsächlicher Hinsicht unzureichend dargelegt. Die Kündigungsvorwürfe des Beklagten seien zudem unbegründet. Zum einen sei die Klägerin berechtigt gewesen, am 24.05.1983 nicht zur Arbeit in die Winzergenossenschaft zu fahren, weil der u. a. auf ihre Initiative auf den Hof des Beklagten gekommene GS Lang sie ausdrücklich zum Bleiben aufgefordert habe, damit sie für Auskünfte im Rahmen des auch ihre Belange betreffenden Gesprächs zwischen GS L. und dem Beklagten zur Verfügung stehe und gfs. auch zu diesem zugezogen werden könne. Sie sei ferner weder zur Inanspruchnahme des Zimmers noch zur Einnahme voller Verpflegung auf dem Hof verpflichtet. Zudem habe sie das Zimmer auf Verlangen des Beklagten geräumt. Die Forderung nach geänderten Arbeitszeiten sei berechtigt, zumal der Beklagte ihr keinen Ausbildungsplan unterbreitet habe. Die Einnahme der Vollverpflegung auf dem Hof sei „unüblich”. Überdies habe sie sich von der Aufgabe des Zimmers vertragsgemäße Arbeitszeiten erhofft. Richtig sei, daß der Beklagte vor der Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung in bar nichts habe wissen wollen, das habe aber bei dem Gespräch am 24.05.1983 mit GS L. nicht im Vordergrund gestanden.
Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen GS Erwin L. (Bl. 128 – 132 d. A.), Maria J. (Bl. 133 – 136 d. A.), Gertrude Z. (Bl. 170 – 173 d. A.), Georg Karl Emil J. (Bl. 173 – 174 d. A.) und Lutz W. (Bl. 174 – 180 ...