Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieblicher Geltungsbereich des VTV Bau bei Montagearbeiten. Beurteilung von Wartungsarbeiten als bauliche Leistungen i.S.d. VTV Bau

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden zu mehr als 50 % der persönlichen Arbeitszeit der eingesetzten Arbeiter die Tätigkeiten Trocken- und Montagebauarbeiten, Montage von genormten Baufertigteilen wie Fenstern und Türen nebst dazugehörigen Vor- und Nacharbeiten erbracht, ist der betriebliche Geltungsbereich des VTV Bau eröffnet.

2. Wartungsarbeiten können nur dann den baulichen Arbeiten zugerechnet werden, wenn mit diesen außer der Kontrolle noch konkrete Instandhaltungsarbeiten einhergehen. Das Reinigen oder Sichten der Funktionsfähigkeit von Rollläden und Markisen sowie die Vornahme von Reparaturen an Fenstern, Türen und Rollläden nebst dazugehörigen Vor- und Nacharbeiten sind keine baulichen Leistungen i.S.d VTV Bau.

 

Normenkette

VTV SOKA Bau; VTV SOKA Bau v. 03.05.2013 § 1 Fassung: 2015-11-24; VTV SOKA Bau v. 03.05.2013 § 1 Fassung: 2014-12-10

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 04.02.2021; Aktenzeichen 9 Ca 24/20 SK)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2023; Aktenzeichen 10 AZR 71/23)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 4. Februar 2021 – 9 Ca 24/20 SK – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet.

Die in A ansässige Beklagte teilte dem Kläger auf Nachfrage elektronisch mit, dass durch ihren Betrieb Trockenbauarbeiten und die Montage von Baufertigteilen durchgeführt und vier gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt würden.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf der Grundlage des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 3. Mai 2013 in den Fassungen vom 10. Dezember 2014 und 24. November 2015 auf Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für vier gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate Dezember 2015 bis November 2016 in einer Gesamthöhe von Euro 33.524,00 in Anspruch. Die Beiträge hat der Kläger auf der Grundlage der vom statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne in der Bauwirtschaft unter Zugrundelegung der für die streitgegenständlichen Kalenderjahre 2015 und 2016 maßgeblichen tariflichen Beitragssätze iHv. 20,4 % berechnet. Für den Dezember 2015 fordert der Kläger vor diesem Hintergrund Euro 681,00 je Arbeitnehmer und für die Monate des Kalenderjahres 2016 Euro 700,00 je Arbeitnehmer.

Das Verfahren ist durch im Dezember 2019 eingereichten Mahnantrag eingeleitet worden. Der Mahnbescheid ist der Beklagten am 14. Januar 2020 zugestellt worden.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Betrieb der Beklagten sei in den streitgegenständlichen Kalenderjahren 2015 und 2016 dem Anwendungsbereich des VTV unterfallen. Gestützt auf die elektronische Mitteilung der Beklagten hat der Kläger behauptet, die im Betrieb der Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer hätten in den jeweiligen Kalenderjahren 2015 und 2016 zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht habe, folgende Tätigkeiten verrichtet:

- Trocken- und Montagebauarbeiten: Montage von genormten Baufertigteilen wie Fenster, Türen nebst den dazugehörigen Vor- und Nacharbeiten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 33.524,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der betriebliche Geltungsbereich des VTV sei in den streitgegenständlichen Kalenderjahren nicht eröffnet gewesen. In den streitgegenständlichen Kalenderjahren 2015 und 2016 seien arbeitszeitlich gesehen überwiegend baufremde Raumausstattertätigkeiten ohne baulichen Zusammenhang verrichtet worden. Diese Tätigkeiten hätten dem Betrieb im Innen- und Außenverhältnis das Gepräge gegeben. 45 % der Gesamtarbeitszeit seien auf Tätigkeiten des Raumausstatters in Gestalt von reinen Beratungsleistungen entfallen, die nicht zu Aufträgen geführt hätten. Weitere 20 % der Arbeitszeit seien auf Arbeiten zum Sonnenschutz und der Innenbeschattung entfallen. 15 % der Arbeitszeit seien auf Wartungsarbeiten wie das Reinigen oder Sichten der Funktionsfähigkeit von Rollläden und Markisen entfallen, die nicht zu Reparaturen geführt hätten. 20 % der Gesamtarbeitszeit der streitgegenständlichen Kalenderjahre seien auf die Montage und auf Reparaturen an Fenstern, Türen und Rollläden nebst dazugehörigen Vor- und Nacharbeiten sowie auf Wartungsarbeiten an Rollläden und Markisen entfallen, die Reparaturen zur Folge gehabt hätten.

Die Kammer hat Beweis erhoben, durch Einvernahme von fünf Zeugen im Wege der Rechtshilfe. Weg...

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