Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Bautarifverträge
Leitsatz (amtlich)
- Arbeiten mit Naßbaggern als bauliche Leistungen
- Zur Frage des baulichen Zwecks bestimmter Tätigkeiten (hier: Entschlammungsarbeiten, die vom Auftragsnehmer deshalb übernommen werden, um die zu entfernenden Sedimente wirtschaftlich zu verwerten)
Normenkette
TVG § 1 TVe: Bau; VTV/Bau § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 13.11.1997; Aktenzeichen 5 Ca 3758/95) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. November 1997-5 Ca 3758/94 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Januar 1994 bis Dezember 1996 sowie März bis Mai 1997.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die am 02.01.1994 gegründete Beklagte unterhielt in den Kalenderjahren 1994 bis 1997 einen Betrieb, von dem sowohl Kanal- und Straßenbauarbeiten wie auch Enttrümmerungsarbeiten, Wiederaufbereitungs- und Transportarbeiten durchgeführt wurden. Außerdem wurde von der Beklagten in den vorbezeichneten Jahren im Auftrag des Netteverbandes ein See (sogenannte Kälberweide), der als natürliche Rückhaltebecken bei Überschwemmungen dient, von verschiedenen Sedimenten, insbesondere Kies und Sand mit Hilfe von Schwimmbaggern befreit. Auf diese Arbeiten entfiel in den Kalenderjahren des Klagezeitraums pro, Kalenderjahr jedenfalls ein Anteil von ca. 22 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Im Jahre 1994 wurden im Betrieb der Beklagten insgesamt 55.704 Arbeitsstunden von Arbeitnehmern geleistet. Wie sich diese Stunden auf die verschiedenen betrieblichen Tätigkeitsbereiche der Beklagten verteilten, ist zwischen den Parteien im Streit. Aufgrund des Prüfberichts vom 22.05.1995 kam das Landesarbeitsamt zu dem Ergebnis, bauliche Leistungen im Sinne der Winterbauförderungsbestimmungen lägen nicht vor, weil baufremde Leistungen überwögen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, beim Betrieb der Beklagten habe es sich im gesamten Klagezeitraum um einen baugewerblichen im tariflichen Sinne gehandelt.
Aufgrund von Feststellungen anläßlich eines Betriebsbesuchs sei davon auszugehen, daß 1994 23,26 % der Gesamtarbeitszeit, nämlich 12.956,72 Arbeitsstunden auf Kanal-, Tiefbau- und Ausschachtungsarbeiten sowie Straßenbau- und Pflasterarbeiten entfallen sei, jeweils 9,15% der Gesamtarbeitszeit (jeweils 5.099,02 Arbeitsstunden) auf den Einbau von recyceltem Abbaumaterial bei Kanal- und Tiefbauarbeiten sowie auf den Wiedereinbau bzw. die Verbauung recycelter Baumaterialien nach Enttrümmerungsarbeiten, 3,56 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit (1.985,12 Arbeitsstunden) auf den Einbau von durch Naßbaggerei gewonnenen Baumaterialien im Rahmen von Kanalbau- und Tiefbauarbeiten und 10,42 % (5.805,66 Arbeitsstunden) der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf Umbaumaßnahmen an ehemaligen Hallen. Diese Verteilung der Arbeitszeit habe auch in den Jahren 1995 bis 1997 gegolten, im übrigen sei zwischen 22 % und 30 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit mit Naßbaggerei, nämlich mit der Arbeit an der sogenannten Kälberweide ausgefüllt gewesen. Entsprechend schulde die Beklagte die tarifvertraglich vorgeschriebenen Beiträge für Arbeiter und Angestellte und zwar entsprechend ihren eigenen Meldungen für Arbeiter insgesamt 235.555,64 DM, nämlich für Januar bis Dezember 1994 162.714,46 DM, für den Monat Januar 1995 13.119,36 DM, für Februar 1995 12.023,25 DM und für März 1995 1.907,07 DM, wobei in Höhe der Differenz zur ursprünglichen Meldung der Beklagten der Beitragsanspruch durch Verrechnung mit Erstattungsbeträgen ausgeglichen worden sei, sowie für März bis Mai 1997 Beiträge in Höhe von 45.791,50 DM. Für Angestellte schulde die Beklagte insgesamt 6.472,70 DM, nämlich die Beiträge für die gesamten Kalenderjahre 1994 (2.405,34 DM), 1995 (1.883,88 DM) und 1996 (1.833,88 DM) sowie für die Monate März bis Mai 1997 299,60 DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 242.028,34 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ihr Betrieb sei im Klagezeitraum kein baugewerblicher im tariflichen Sinne gewesen. Das Arbeitsamt sei zu dem Ergebnis gekommen, daß 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf Straßenbau, 5 – 10 % auf Abbrucharbeiten, 40 – 45 % auf Wiederaufbereitung und Transporte sowie ca. 30 % auf Naßbaggerei entfallen sei. Ausweislich einer Zusammenstellung der 1994 geleisteten Stunden seien auf Kanal- und Straßenbauarbeiten 10.898,50 Stunden, auf Recycling, Container und Transporte 22.797,50 Stunden, auf Naßbaggerei 12.438 Stunden, auf Enttrümmerungsarbeiten 4.410 Stunden und auf Verwaltungsarbeiten 5.160 Stunden entfallen.
Das Arbeitsgericht ha...