Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorruhestand nach den Vorruhestands-TV für das Baugewerbe
Leitsatz (amtlich)
1. Wirksamkeit der rückwirkenden Allgemeinverbindlichkeitserklärung
2. Der von der ZVK erteilte Vorbescheid (§ 6 I Abs. 1 des Vorruhestandsverfahrens-TV) enthält kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.01.1987; Aktenzeichen 7 Ca 2672/86) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin das Urteil des Arbeitgerichts Wiesbaden vom 14.1.1987 – 7 Ca 2672/87 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat der Nebenintervenient zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin unterhält einen Betrieb des Baugewerbes und nimmt am Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft teil.
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die auf Grund allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge die Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft einzieht und darüberhinaus anspruchsberechtigten Arbeitgebern Leistungen nach dem Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (VRTV) vom 26. September 1984 i.V.m. dem Tarifvertrag über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (VR-VTV) der jeweils gültigen Fassung erstattet.
Der in erster Instanz beigetretene Streitverkündete H. war bei der Klägerin bis zum 30.9.1985 als leitender Angestellter (Prokurist) beschäftigt. Im Schreiben vom 9.5.1985 gerichtet an die Klägerin zu Händen Herrn H. hat die Beklagte unter anderem ausgeführt:
Fällt ein ehemaliger GmbH-Geschäftsführer aber bei Antragstellung unter den persönlichen Geltungsbereich, so stellt sich die Frage, ob die Wartezeit nach § 2 Abs. 2 b – d Vorruhestandstarifvertrag erfüllt wird. Als Wartezeit kann nur die Tätigkeitszeit in Betrieben des Baugewerbes anerkannt werden, in denen die Personen abhängig beschäftigt waren und somit grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlagen. Sofern Sie uns einen Nachweis beibringen, daß in diesem Zeitraum Sozialversicherungspflicht bestand, bestehen bei uns grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anerkennung dieser Zeit als Wartezeit.
Ab 1.10.1985 war der Nebenintervenient H. als technischer Angestellter beschäftigt. Am 24.10.1985 beantragte er bei der Klägerin die Zahlung von Vorruhestandsgeld ab 1.2.1986. Mit dem vom Nebenintervenienten ausgefülltem Wartezeitennachweis beantragte sodann die Klägerin am 13. November 1985 die Anerkennung der Erstattungspflicht bei der Beklagten. Unter dem 12.12.1985 erteilte die Beklagte der Klägerin einen Vorbescheid, in welchem mitgeteilt wurde, daß der Angestellte H. die Voraussetzungen für den Bezug von Vorruhestandsgeld bei ununterbrochenem Verbleib im Betrieb bis zum beantragten Vorruhestandsbeginn erfülle. Auf den weiteren Inhalt des Vorbescheides (vgl. Bl. 18 d.A.) wird verwiesen.
Am 17.12.1985 vereinbarten die Tarif Vertragsparteien des Vorruhestandstarifvertrages eine Änderung des § 2, wonach anspruchsberechtigt nur noch derjenige Arbeitnehmer sein soll, der dem Betrieb unmittelbar vor Beginn des Vorruhestandes ununterbrochen mindestens zwölf Monate als vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasste Arbeitnehmer angehört hat. Ferner wurde gem. § 10 VRTV die Erstattungspflicht der Beklagten von 100 % auf 90 % reduziert, wenn der Vorruhestand nach dem 31.12.1985 beginnt. Der Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung dieses Tarifvertrages wurde im Bundesanzeiger Nr. 240 vom 28.12.1985 veröffentlicht. Er enthält den Hinweis, daß die beantragte Allgemeinverbindlichkeitserklärung mit Rückwirkung ausgesprochen werden kann.
Unter dem 29.1.1986 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Erstattung der Vorruhestandsleistungen von monatlich 4.200,– DM, beginnend ab 1.2.1986. Mit Schreiben vom 3.2.1986, wegen dessen Inhalt auf Bl. 20 d.A. Bezug genommen wird, teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß im Hinblick auf die Tarifvertragsänderung der tarifliche Vorruhestand des Nebenintervenienten erst am 21. Oktober 1986 beginnen könne. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 10.2.1986 zu.
Am 22. Febr. 1986 wurde im Bundesanzeiger Nr. 37 der Erlaß des Bundesarbeitsminister veröffentlicht, mit dem dieser den geänderten Vorruhestandstarifvertrag in der Fassung vom 17. Dezember 1985 rückwirkend ab dem 1. Januar 1986 für allgemeinverbindlich erklärte.
Der Nebenintervenient H. begehrte von der Klägerin Zahlung des Vorruhestandsgeldes. Ein deswegen vor dem Arbeitsgericht B. geführter Rechtsstreit endete durch ein Anerkenntnis der Klägerin.
Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage die Erstattung des Vorruhestandsgeldes in Höhe von 4.200,– DM monatlich.
Sie hat die Auffassung vertreten, die rückwirkende Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages vom ...