Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersdiskriminierung durch Bevorzugung über 55 Jahre alter Beschäftigter der Bundeswehr bei der Anrechnung von Zulagen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anrechnungsregel in § 6 III 2a iVm S. 4a TVUmBW führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, soweit sie Beschäftigte mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15, aber weniger als 25 Jahren wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt. Die Beseitigung der Diskriminierung hat durch Anspassung "nach oben" zu erfolgen. (Anschluss an BAG vom 15.11.2012 - 6 AZR 359/11 - und LAG Hamburg vom 23.4.2014 - 3 Sa 50/13 -).
2. § 36 TVöD verlangt nur die einmalige Geltendmachung auch für zukünftige später fällig werdende Leistungen. Anspruch und spätere Leistungen müssen durch "denselben Sachverhalt" verknüpft sein.
Normenkette
AGG §§ 7, 10
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 28.11.2013; Aktenzeichen 8 Ca 504/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. November 2013 - 8 Ca 504/11 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.955,96 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB (Europäischen Zentralbank) seit dem 30. November 2011. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 67 %, die Beklagte 33 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer dem Kläger zu zahlenden Zulage.
Der ... 1963 geborene Kläger ist seit dem 18. Mai 1987 bei der Beklagten im Materialdepot in A als Panzerschlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für beim Bund beschäftigte Arbeiter Anwendung. Das Beschäftigungsverhältnis wurde mit Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) in denselben übergeleitet.
Gemäß § 6 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2011 erhalten Arbeiter eine persönliche Zulage, sofern in den letzten fünf Jahren mindestens in achtundvierzig Kalendermonaten vor Aufnahme der neuen Tätigkeit am 01. Januar 2008 Zuschläge nach § 29 MTArb gezahlt wurden. Dies ist beim Kläger der Fall. Die persönliche Zulage betrug vor der Tariflohnerhöhung zum 01. Januar 2008 672,87 € brutto (Bl. 11 d. A.).
§ 6 TV UmBw lautet wie folgt:
"6 Einkommenssicherung
(1) Verringert sich bei Beschäftigten auf Grund einer Maßnahme im Sinne des § 1 Absatz 1 bei demselben Arbeitgeber das Entgelt, wird eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen ihrem Entgelt und dem Entgelt gewährt, das ihnen in ihrer bisherigen Tätigkeit zugestanden hat.
...
(2) Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Absatz 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Absatz 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die
a) eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,
b) noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel des Erhöhungsbetrages... . Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte
a) das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,
b) eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder
c) zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Absatz 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag, ... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.
..."
Der Tariflohn wurde ab 01. Januar 2008 um 3,1%, ab 1. Januar 2009 um 2,8%, ab 01. Januar 2010 um 1,2%, ab 01. Januar 2011 um 0,6%, ab 01. August 2011 um 0,5%, ab 01. März 2012 um 3,5%, ab 01. Januar 2013 um 1,4% und ab 01. August 2013 um 1,4% erhöht. Wegen der einzelnen Festsetzungen der persönlichen Zulage, auch der Jahressonderzahlung des Klägers wird auf die zur Akte gereichten Neufestsetzungsbescheide der Beklagten sowie auf die Aufstellung des Klägers im Klageerweiterungsschriftsatz vom 31. Juli 2013, Seite 3 verwiesen (Blatt 6, 11-13, 54, 84-93 d.A.).
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 11. November 2008 und zuletzt mit Schreiben vom 22. Juli 2013 gegen die Berechnung der Neufestsetzung der persönlichen Zulage seit dem 01. Januar 2008 (Bl. 10, 56 d. A.), zunächst mit der Argumentation, die vorgenommene Abschmelzung der Zulage sei unzutreffend berechnet. Es dürften entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die Entgelterhöhungen des Grundgehalts und die Erhöhungsbeträge der persönlichen Zulage zusammengezählt und um ein Drittel gekürzt werden. Vielmehr sehe § 6 Abs. 3 TV UmBw vor, dass die Kürzung nur aus dem Erhöhungsbetrag zu erfolgen habe.
Mit der am 09. November 2011...