keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubserstattungen. Verjährung. Verfall
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Verfalls und der Verjährung von Ansprüchen eines Arbeitgebers mit Sitz im Ausland, der Erstattungsansprüche wegen Zahlung von Urlaubsvergütung geltend macht, sowie zur Frage, ob verfallene und verjährte Forderungen auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen sowie Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen wegen verspäteter Beitragszahlung eine Verfügungsbefugnis des baugewerblichen Arbeitgebers über Erstattungsforderungen ausschließenden ›Debetsaldo‹ auf dem Beitragskonto des Arbeitgebers begründen.
Normenkette
AEntG § 1; VTV/Bau § 13 I, § 18 V, § 25 II, § 25 III
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 06.04.2006; Aktenzeichen 5 Ca 3633/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. April 2006 – 5 Ca 3633/03 – teilweise – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage erledigt ist.
Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 32.276,43 EUR (in Worten: Zweiunddreißigtausendzweihundertsechsundsiebzig und 43/100 Euro) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2007.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/13 der des 1. Rechtszuges und 2/5 der des Berufungsverfahrens, die Beklagte 10/13 der Kosten 1. Instanz und 3/5 der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, für ihre in Deutschland im Zeitraum von Juli bis Dezember 1999 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Urlaubskassenbeiträge zu zahlen und ob der Kläger zur Erstattung von seitens der Beklagten an ihre Arbeitnehmer in den Jahren 1999 und 2000 gezahlter Urlaubsvergütungen verpflichtet ist.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [bis 31. Dezember 1999 v.12. November 1986, in der für 1999 gültigen Fassung = VTV aF, ab 01. Januar v. 20. Dezember 1999 = VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen
Die Beklagte ist eine Gesellschaft tschechischen Rechts mit Sitz in Xxxx, die einen baugewerblichen Betrieb unterhält. Mit Hilfe tschechischer Arbeitnehmer führte sie in den Jahren 1999 und 2000 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Tunnelvortriebs- und Ausbauarbeiten an Bauwerken aus. Die tschechischen Arbeitnehmer waren zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen.
Mit Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. August 2003 (16 Sa 617/00) wurde eine von der Beklagten erhobene Klage auf Feststellung, dass die Beklagte seit 1999 nicht zur Teilnahme am bautariflichen Urlaubskassenverfahren verpflichtet sei, abgewiesen und die Beklagte gleichzeitig auf die Widerklage des Klägers zur Auskunftserteilung über die 1999 in der Bundesrepublik beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und die für den Zeitraum Juli bis Dezember 1999 angefallenen Urlaubskassenbeiträge, für den Fall der Nichterfüllung binnen sechs Wochen nach Urteilszustellung zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages verurteilt. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Revision, mit der sie ihr Feststellungsbegehren nur noch für das Kalenderjahr 1999 verfolgte, wurde mit Urteil des BAG vom 25. Januar 2005 (9 AZR 620/03) zurückgewiesen. Mit einem dem Kläger am 13. Juli 2007 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10. Juli 2007 (Bl. 563/564 d.A.) wurden etwaige Erstattungsforderungen der Beklagten gegen den Kläger in Höhe der beim BAG angefallenen Kosten von EUR 1.387,00 gepfändet und der Justizbeitreibungsstelle beim BAG überwiesen.
Mit Urteil vom 27. November 2003 verurteilte das Arbeitsgericht Wiesbaden die Beklagte zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen in Höhe von EUR 61.504,97 für gewerbliche Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2000. Die Höhe der geschuldeten Beiträge errechnete der Kläger aus den gegenüber den öffentlichen Stellen gemachten Angaben der Beklagten über die Dauer der Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern im Kalenderjahr 2000, der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, dem tariflichen Mindestlohn und dem Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge, wobei er zunächst einen Betrag in ...