Leitsatz (amtlich)

1) Zur Zulässigkeit der Leistungsklage nach versäumter Vollstreckungsgegenklage,

2) Der Arbeitgeber wird durch eine in einem Prozeßvergleich enthaltene Abgeltungklausel nicht davon gehindert, eine in den gleichen Vergleich übernommene Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer in Höhe des von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeldes durch Zahlung an die Bundesanstalt für Arbeit zu erfüllen, wenn die Abfindung u.a. Anspruch auf Arbeitsentgelt abdeckt, der – ohne den Abschluß des Vergleiches – i. d. Zeit vom Zugang einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung bis zum Termin einer ordentlichen Kündigung bestanden hätte.

 

Normenkette

BGB § 812; ZPO § 767; SGB X § 115; AFG § 117

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.12.1993; Aktenzeichen 15 Ca 6807/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 20. Dezember 1993 – AZ.: 15 Ca 6807/93 – wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung. Der Streitwert wird auf DM 2.917,10 (i.W.: Zweitausendneunhundertundsiebzehn 10/100 Deutsche Mark) festgesetzt.

Das Rechtsmittel der Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten unter anderem Rückerstattung eines Betrages von 2.917,10 DM, den die Beklagte im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt hatte. In der Berufungsinstanz geht es nur noch um folgenden Sachverhalt:

Die Beklagte stand als Angestellte in den Diensten der Klägerin. Die Klägerin sprach der Beklagten mit Schreiben vom 27.03.1992 die ordentliche Kündigung zu 30.06.1992, sowie mit Schreiben vom 21.04.1992 die außerordentliche Kündigung aus. Der zwischen den Parteien darüber vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main geführte Kündigungsschutzprozeß –Az. 15 Ca 191/92– endete am 19.10.1992 mit dem aus Blatt 9 d.A. ersichtlichen Prozeßvergleich. Dieser sieht in Ziffer 2 eine Abfindung in Höhe von 12.500,00 DM vor. Die Ziffern 1 und 4 des Prozeßvergleiches haben folgenden Wortlaut:

„1) Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete einvernehmlich und auf Veranlassung der Beklagten am 30.04.1992.

4.) Damit sind alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie aus jedem anderen Rechtsgrund erledigt.”

Bereits vor Vergleichsabschluß, mit Schreiben vom 09.06.1992 (siehe Fotokopie Bl. 10 d.A.), hatte das Arbeitsamt Aschaffenburg der Klägerin mitgeteilt, daß die Beklagte seit dem 23.04.1992 Arbeitslosengeld beziehe. Abschließend heißt es im vorgenannten schreiben vom 09.06.1992:

„Die Zahlung von Leistungen nach § 117 Abs. 4 AFG bewirkt, daß eventuelle Ansprüche des Arbeitslosen gegen sie in Höhe der Leistungen, die das Arbeitsamt für die Zeit vorgeleistet hat, in der der Anspruch auf Leistungen nach § 117 Abs. 1–3 AFG ruht, gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt … übergehen.”

Unter dem 04.11.1992 informierte das Arbeitsamt die Klägerin sodann über die Höhe der erbrachten Leistungen. Das Schreiben vom 04.11.1992 (Fotokopie Bl. 11 d.A.) lautet auszugsweise:

„Der/Die obengenannte hat für die Zeit vom 23.04.1992 bis 28.05.1992 in der sein/ihr Anspruch auf Leistungen nach § 117 Abs. 1–3 AFG ruhte, Arbeitslosengeld … in Höhe von insgesamt 2.917,10 DM erhalten. Dieser Betrag ist von Ihren Leistungen an den/die Obengenannte (n) einzubehalten und an mich zu überweisen …”

Die Klägerin erfüllte die Forderung der Arbeitsverwaltung mit Scheck vom 10.11.1992 (siehe Bl. 12 d.A.) und zahlte der Beklagten die im Prozeßvergleich vom 19.10.1992 vorgesehen Abfindung unter Abzug des auf die Arbeitsverwaltung übergegangenen Teilanspruches von 2.917,10 DM aus (siehe Bl. 14, 15 d.A.). Die Beklagte verschaffte sich den vorgenannten Rest der aus ihrer Sicht vom Anspruchsübergang auf die Arbeitsverwaltung unberührt bleibenden Abfindungsforderung in Wege der Zwangsvollstreckung (siehe Bl. 4, 5, 16–18 d.A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß sie den Abfindungsanspruch der Beklagten durch ihre Zahlungen an die Beklagte und an die Arbeitsverwaltung insgesamt voll erfüllt habe. Die Beklagte sei daher um den Betrag von 2.917,10 DM, den sie aufgrund der Zwangsvollstreckung erlangt habe, grundlos bereichert (siehe Bl. 5–7 d.A.) und habe diesen mit Prozeßzinsen (siehe Bl. 7 d.A.) zu erstatten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, die zur Zeit seiner Entscheidung noch weitere Ansprüche umfaßte, unter anderem hinsichtlich des jetzt noch anhängigen vorbezeichneten Rückerstattungsanspruches stattgegeben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines Urteiles vom 20.12.1993, das der Beklagten am 02.03.1994 zugestellt worden ist (siehe Bl. 41 d.A.), wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen. Mit Ihrer am 22.03.1994 eingelegten (siehe Bl. 42 d.A.), am 05.04.1994 begründeten Berufung (siehe Bl. 47 d.A.) wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Rückerstattung des im Wege der Zwangsvollstreckung erlangten Teilbetrages von 2.917.10 DM. Sie trägt vor, bei Abschluß des Proseßvergleiches vom 19.10...

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