Entscheidungsstichwort (Thema)

unzulässige Berufung. Berufungsbegründung vor Zustellung / Kenntnis des Urteils / der Entscheidungsgründe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine vor Bekanntgabe der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts verfasste Berufungsbegründung, erfüllt grundsätzlich nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine formgerechte Berufung gem. § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

2. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der Berufungsführer in der mündlichen Verhandlung durch Hinweisbeschluss oder mündliche Urteilsbegründung von den Entscheidungsgründen bereits Kenntnis erlangt hat oder er die Berufung allein auf neue Tatsachen und Beweismittel stützt.

 

Normenkette

ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2; ArbGG § 64 Abs. 6; ZPO a.F. § 519b

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.10.2001; Aktenzeichen 5 Ca 6100/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2001 wird auf deren Kosten als unzulässig verworfen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in diesem Verfahren – nach Rücknahme der Berufung betreffend den erstinstanzlichen Hilfsantrag – noch über die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung sowie das arbeitnehmerseitige Weiterbeschäftigungsverlangen.

Zwischen den Parteien bestand ein langjähriges Arbeitsverhältnis, das die Beklagte mit Schreiben vom 31.8.2000 „aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist” zum 31.3.2001 gekündigt.

Gestützt auf den zuvor erfolgten Widerspruch des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats hat die Klägerin/der Kläger im Wege des Eilverfahrens beim Arbeitsgericht Frankfürt a. M. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie/ihn auch nach Ablauf der Kündigungsfrist zu beschäftigen. Mit Urteil vom 27.4.2001 ist die Beklagte zunächst demgemäss verurteilt worden. Auf ihre Berufung jedoch hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 16.8.2001 dieses Urteil abgeändert und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung zurückgewiesen (3 SaGa 1037/01 beziehungsweise 1038/01). In der Zwischenzeit hat die Klägerin/der Kläger tatsächlich nicht bei der Beklagten gearbeitet.

Außerdem führt die Klägerin/der Kläger unter dem Aktenzeichen 3 Sa 499/02 beziehungsweise 498/02 als Berufungsklägerin/Berufungskläger einen Rechtsstreit vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht, mit dem sie/er unter Abänderung des erstinstanzlichen abweisenden Urteils die Zahlung von Vergütung für die ersten beiden Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist sowie die Gewährung von Urlaub für das Jahr 2001 verfolgt. Dieser Prozess ist mit Beschluss vom 23.8.2002 gemäß § 148 ZPO ausgesetzt worden.

Wegen des Sach- und Streitstandes sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz wird zunächst Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils vom 16.10.2001, Blatt 139 bis 144 der Akte.

Das Arbeitsgericht Frankfürt a.M. hat mit Urteil vom 16.10.2001, Aktenzeichen 5 Ca 6100/00 beziehungsweise 6101/00, die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe, Blatt 144 bis 150 der Akte, Bezug genommen. Gegen dieses am 28.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin/der Kläger mit am 5.11.2001 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Klägerin/der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Begehren hinsichtlich der Hauptanträge ohne Abweichungen im Tatsachenvortrag weiter. Ergänzend behauptet sie/er, die Arbeitnehmer der Firma B. erbrächten im Betrieb der Beklagten „betriebliche Aufgaben” und „die Konzerngesellschaft” habe „das Betriebsgelände, Betriebseinrichtungen und Arbeitsmittel, das gesamte know how, die Technologie … auch die Auftragsbeziehugen” übernommen.

Sie/er meint, das erstinstanzliche Urteil verletze §§ 1 KSchG, 613 a BGB; das Arbeitsgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass der klägerische Arbeitsplatz weggefallen sei; die Beklagte habe eine Unternehmerentscheidung nicht deutlich dargelegt; die Kündigung sei wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden, oder aber unter Missachtung „anderer Arbeitsplätze” im Sinne des § 1 II KSchG. Wegen der Berufungsbegründung im einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 31.10.2001, Blatt 155 bis 162 der Akte verwiesen.

Die Klägerin/der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 16.10.2001 – 5 Ca 6100/00 beziehungsweise 6101/00 –

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 31.8.2001 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist;

die Beklagte zu verurteilen, die klägerische Partei zu den bisherigen Arbeitsbedingungen tatsächlich weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zunickzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie ist der Auffassung, die Zeugenaussage des Personalleiters K. habe ihre Behauptungen bestätigt. Mit der Berufungsbeantwortung er...

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