Entscheidungsstichwort (Thema)

Nettoklage

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit einer Nettoklage bei bestehender Bruttovergütungsabrede

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 11.05.1987; Aktenzeichen 1 Ca 338/84)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasSchluß-Urteil desArbeitsgerichts Marburg vom 11.5.1987 – 1 Ca 338/84 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision gegen dieses Urteil wird beschränkt auf die Klage (Zahlungsklage in Höhe von 2.647,95 DM netto) zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Gehaltes für September 1984 sowie um die Verpflichtung des Klägers zur Schadensersatzleistung und zur Herausgabe von Konstruktionszeichnungen und Unterlagen.

Der Kläger war seit 1977 als Konstrukteur für die Beklagte tätig, und zwar als einziger Mitarbeiter der Konstruktionsabteilung. Grundlage war der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1.4.1977, für dessen Wortlaut im einzelnen Bezug genommen wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte Fotokopie (Bl. 11–14 d.A.). Im Sommer 1984 kündigte der Kläger fristgerecht zum 30.9.1984; seit dem 1.10.1984 betreibt er ein eigenes Konstruktionsbüro, zu dessen Kunden u. a. eine frühere Kundin der Beklagten gehört.

In der Zeit vom 1.3.1984 bis zum 30.9.1984 hatte der Kläger privat Konstruktionszeichnungen für mehrere Auftraggeber angefertigt, unter denen sich auch jedenfalls ein Kunde der Beklagten befand.

Vom 1. bis zum 10.9.1984 und vom 26.9.1984 bis zum 30.9.1984 hatte der Kläger Erholungsurlaub. In der Zwischenzeit vom 11. bis 25.9.1984 war er arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte jedoch das Septembergehalt – die Parteien gehen übereinstimmend von einem Nettobetrag von 2.647,95 DM aus – nicht.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß ihm das Septembergehalt als Urlaubsentgelt bzw. Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall zustehe.

Der Kläger hat dementsprechend im ersten Rechtszug beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.647,95 DM netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, daß der Grund der Krankschreibung zwar nicht in Zweifel gezogen werde, daß der Kläger sich aber nicht so verhalten habe, wie er dies während der Arbeitsunfähigkeit habe tun müssen. Außerdem habe der Kläger während des Urlaubs gearbeitet. Im übrigen hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 3.12.1984 hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung „mit ihren Schadensersatz- bzw. Rückforderungsansprüchen” erklärt (vgl. Bl. 10 d.A.).

Diese Schadensersatzansprüche bzw. Rückforderungsansprüche hat die Beklagte auf insgesamt 122.760,13 DM beziffert. Sie hat dazu vorgetragen, der Kläger habe für die von ihm privat angefertigten Konstruktionszeichnungen zusammen 1208 Stunden aufwenden müssen. Für diese Stunden hätte sie jeweils 70,– DM verlangen können, womit ihr 84.560,– DM an Gewinn entgangen seien. Weiter habe sie einen Einnahmeverlust in Höhe von 30.000,– DM erlitten. Denn ihr seien nach der Arbeitsniederlegung des Klägers keine weiteren Aufträge von zwei bisherigen Großkunden zugeflossen, was zu dem genannten Einnahmeverlust geführt habe. Außerdem müsse der Kläger die privat angefertigten Konstruktionszeichnungen von deren Umfang her in den Krankheitstagen von März bis August 1984 angefertigt haben; dies berechtigte sie, die Gehaltsfortzahlung nebst Sozialabgaben, vermögenswirksamen Leistungen und Zuschlag für Altersversorgung zurückzuverlangen, mithin 3.890,70 DM. Dazu habe sie 3.517,21 DM an Detektivkosten für Nachforschungen bei den beiden abgesprungenen Großkunden aufwenden müssen, die der Kläger gleichfalls erstatten müsse.

Im Termin vom 23. Oktober 1987 vor dem Landesarbeitsgericht ist freilich unstreitig geworden, daß die Zahlungsansprüche bereits vor Klageerhebung Ende Oktober 1984 an die Volksbank Inheiden-Villingen eG abgetreten worden waren.

Endlich hat die Beklagte den Kläger für verpflichtet gehalten, die von ihm angefertigten Konstruktionszeichnungen und diesbezüglichen Unterlagen an sie herauszugeben.

Die Beklagte hat daher im ersten Rechtszug im Wege der Widerklage beantragt,

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte DM 122.760, 13 nebst 10 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1984 zu zahlen

und die Konstruktionszeichnungen und Unterlagen Nr. 30-840918, 80-840812, 30-840905, 28-840903, 80- 840519, 50-840629 und 35-840908 an die Beklagte herauszugeben.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er hat gegenüber der mit Schriftsatz vom 2.3.1987 bezifferten Widerklageforderung die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, nicht zur Herausgabe und zum Schadensersatz verpflichtet zu sein.

Das Arbeitsgericht hat mit Schlußurteil vom 11.5.1987, auf das im übrigen zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, die Beklagte zur Zahlung von 2.647,95 DM netto an den Kläger verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, daß dem Kläger ...

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