Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverkürzungstage. Arbeitszeit für Neueinstellungen ab 01.07.1996. Tarifliche Ausschlussfrist
Leitsatz (redaktionell)
1. § 3 Ziff. 2 MTV und § 3 Ziff. 3 MTV stehen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die allgemeine Regel ergibt sich aus § 3 Ziff. 2 MTV.
2. Dass Arbeitnehmer mit einer vereinbarten Jahresarbeitszeit von maximal 2076 Stunden nicht an der Arbeitszeitverkürzung teilhaben sollten, ergibt sich aus der tariflichen Regelung nicht.
3. § 15 MTV findet auf Ansprüche auf Gewährung eines bezahlten Ausgleichstags nach § 3 Ziff. 2 MTV keine Anwendung.
Normenkette
TVG § 1; Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in der Systemgastronomie im Bundesverband für Systemgastronomie e.V. Bereich: Westdeutschland § 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 19.09.2000; Aktenzeichen 2 Ca 1205/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19. September 2000 – 2 Ca 1205/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für das Kalenderjahr 1999 und die ersten beiden Beschäftigungsmonate des Kalenderjahres 2000 bezahlte freie Tage als Arbeitszeitausgleich (sog. „Arbeitszeitverkürzungstage” – „AZV-Tage”) zustehen. Die seit dem 19.07.1996 bei der Beklagten angestellte Klägerin hatte für 1996 keinen, für 1997 einen und für 1998 zwei Arbeitszeitverkürzungstage erhalten.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 19.07.1996 als Rotationsmitarbeiterin beschäftigt. Seit dem 01.05.1997 arbeitet sie in Vollzeit, also 40 Stunden in der Woche. Mit Wirkung 01.10.2001 ist das Arbeitsverhältnis auf einen Franchise-Nehmer übergegangen. Für das Arbeitsverhältnis gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in der Systemgastronomie im Bundesverband für Systemgastronomie e.V. Bereich: Westdeutschland. Für den Klagezeitraum sind dies der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden vom 06,11.1996, gültig ab 01.07.1996 (im Folgenden: MTV) sowie der Entgelttarifvertrag vom 21.08.1997, gültig ab 01.08.1997 (im Folgenden: ETV). Der MTV enthält u. a. folgende Regelungen:
„§ 3 Arbeits- und Ruhezeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
Die Regelarbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen täglich 8 Stunden bzw. 40 Stunden wöchentlich bzw. 173 Stunden monatlich. Für Teilzeitbeschäftigte gilt die jeweils vertraglich vereinbarte Arbeitszeit.
2. Arbeitszeitausgleich
Für alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen ist jeweils für 2 Beschäftigungsmonate ein bezahlter Ausgleichstag zu gewähren.
Der jeweilige Arbeitszeitausgleich ist möglichst innerhalb eines halben Jahres vom Entstehen zu gewähren.
Die Bezahlung der zusätzlichen freien Tage erfolgt nach den Regeln für die Berechnung des Urlaubsentgelts (§ 9 Ziff. 9 dieses Tarifvertrages).
Der jeweilige zusätzliche freie Tag kann nach Abstimmung mit dem/der Arbeitnehmer/in zeitlich geteilt werden.
Kann der Arbeitszeitausgleich wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er abzugelten.
Teilzeitbeschäftigte, die mindestens regelmäßig 18 Wochenstunden tätig und sozialversicherungspflichtig sind, erhalten entsprechend ihrer einzelvertraglichen Arbeitszeit einen anteiligen Arbeitszeitausgleich. Teilzeitbeschäftigte, die nicht unter diese Regelung fallen, erhalten anstelle des Arbeitszeitausgleichs zusätzlich einen Urlaubstag pro Kalenderjahr (§ 9 Ziff. 2 dieses Tarifvertrages).
3. Arbeitszeit für Neueinstellungen ab 01.07.1996
a) Bei Neueinstellungen ab 01.07.1996 werden für 1996 keine AZV-Tage gewährt.
1997 erhalten alle Arbeitnehmer/innen einen bezahlten Ausgleichstag.
1998 erhalten alle Arbeitnehmer/innen zwei bezahlte Ausgleichstage.
Beschäftigte, die nicht ein volles Kalenderjahr beschäftigt sind, erhalten diese AZV-Tage anteilig.
Die Gewährung dieser AZV-Tage kann mit übertariflichen Leistungen einzelvertraglich verrechnet werden.
b) Einzelvertraglich kann für Neueinstellungen ab 01.07.1996 eine Jahresarbeitszeitvereinbarung vereinbart werden (maximal bis zu 2076).
Mehrarbeit, die über die Obergrenze der Jahresarbeitszeit von 2076 Stunden hinausgeht, ist mit 33% Mehrarbeitszuschlag entweder auszuzahlen oder in Freizeit in gleicher Höhe abzugelten, und zwar nach Ablauf der jeweils vereinbarten Jahresarbeitszeit.
Der jeweilige Arbeitgeber hat ein Jahresarbeitszeitkonto für den/die einzelne/n Arbeitnehmer/in zu führen und zwar auf monatlicher Basis. Die Arbeitszeitunterlagen sind 2 Jahre aufzubewahren.
4. …”
Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 01. Januar 1999 keine bezahlten Ausgleichstage mehr. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 12.02.2000 (Bl. 4 d.A.) gegenüber der Beklagten ihren Anspruch auf die bezahlten Ausgleichstage für das Jahr 1999, aber auch für zukünftige Ansprüche geltend. Mit ihrer am 23.06.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr ...