Entscheidungsstichwort (Thema)
Aushilfsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Beim Aushilfsarbeitsverhältnis i. S. des § 622 Abs 4 BGB muß der Inhalt des Arbeitsvertrags die nur vorübergehend beabsichtigte Beschäftigung zur Aushilfe durch die sog. Aushilfsklausel deutlich ausweisen. Außerdem muß der Tatbestand des nur vorübergehenden Bedarfs auch objektiv vorliegen.
2. Dagegen ist es jedenfalls beim zeitbefristeten Aushilfsarbeitsverhältnis nicht erforderlich, daß die konkreten betrieblichen oder außerbetrieblichen Gründe für den vorübergehenden Bedarf ebenfalls zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht werden.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.04.1988; Aktenzeichen 13 Ca 368/87) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14.04.1988 abgeändert.
Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob eine von der Beklagten mit eintägiger Kündigungsfrist ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 12.8.1987 wirksam war oder das Arbeitsverhältnis erst zum 25.8.1987 beendete, sowie darum, ob dem Kläger über den 12.8.1987 hinaus bis zum 25.8.1987 Lohn zusteht.
Der Kläger ist ein persischer Student, der während der Semesterferien eine Arbeit suchte. Die Beklagte stellte ihn mit dem schriftlichen „Arbeitsvertrag zur Aushilfe” (Bl. 8 d.A.) unter dem 28.7.1987 für die Zeit vom 27.7. bis 30.9.1987 „zur vorübergehenden Aushilfe” ein. In dem Vertrag war vereinbart, daß das Arbeitsverhältnis vor dem Fristablauf mit täglicher Kündigungsfrist gelöst werden könne.
Am 31.7.1987 verletzte sich der Kläger im Betrieb der Beklagten am Finger. Infolge dieser Verletzung war der Kläger bis zum 31.8.1987 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte unterrichtete den Betriebsrat am 10.8.1987 über eine von ihr beabsichtigte Kündigung zum 12.8.1987. Der Betriebsrat erklärte noch am selben rage, er habe gegen eine Kündigung keine Einwände (Bl. 9 d.A.). Sodann kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.8.1987 (Bl. 3 d.A.), dem Kläger zugegangen am 11.8., zum 12.8.1987.
Der Kläger hat vorgetragen:
Die Kündigung habe nur mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von 2 Wochen gewirkt. Die kürzere Frist des Arbeitsvertrages sei nicht wirksam vereinbart. Die Beklagte habe bei der Kündigung von seiner Krankheit gewußt. Er habe am 7.8.1987 einer Mitarbeiterin der Personalabteilung seine Krankmeldung übergeben. Die Beklagte schulde ihm noch den Krankenlohn für die Zeit vom 13. bis 25.8.1987 in Höhe von 921,60 DM brutto.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10.8. nicht vor dem 25.8.1987 beendet worden sei,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 921,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen ab 26.8.1987 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag habe das Arbeitsverhältnis mit täglicher Kündigungsfrist gekündigt werden können. Sie habe erst nach der Kündigung von der Arbeitsunfähigkeit des Klägers erfahren.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Kündigungsfrist sei zwar bei einem Aushilfsarbeitsverhältnis zulässig. Der Kläger habe aber nicht in einem Aushilfsarbeitsverhältnis gestanden, da der Aushilfszweck im Arbeitsvertrag nicht genannt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 14.4.1988 (Bl. 31 f. d.A.) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte unter Vertiefung ihres Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie trägt vor:
Der Aushilfszweck sei im Arbeitsvertrag hinreichend zum Ausdruck gebracht. Außerdem habe auch objektiv ein nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf bestanden, und zwar im Zusammenhang mit einer Rückrufaktion der Fa. B.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint, der konkrete Aushilfszweck müsse im Arbeitsvertrag angegeben werden.
Zur näheren Darstellung des zweitinstanzlichen Vorbringen! wird auf die im Berufungszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat die Personalleiterin H. als Zeugin vernommen. Auf die Niederschrift ihrer Aussage (Bl. 59 f. d.A.) wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht gelangt, auch aufgrund der zweitinstanzlichen Verhandlung und Beweisaufnahme, zu einem anderen Ergebnis als das Arbeitsgericht.
I.
Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.8.1987 war wirksam und löste das Arbeitsverhältnis mit dem Ende der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist zum 12.8.1987 auf. Die Parteien konnten gemäß § 622 Abs. 4 BGB einzelvertraglich eine kürzere Kündigungsfrist als die gesetzliche Regelfrist von 2 Wochen vereinbaren. Denn der Kläger war zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt.
Die Besonderheit eines Aushilfsarbeitsverhältnisse...