Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsabführung zur Sozialversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 395 Abs. 2 RVO greift nicht Platz, soweit die verspätete Beitragsentrichtung ohne Verschulden des Arbeitgebers erfolgt ist. Der Ausspruch einer nach Ansicht des Arbeitgebers berechtigten außerordentlichen Kündigung oder verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung kann dem Arbeitgeber insoweit – jedenfalls grundsätzlich – auch dann nicht als Verschulden zugerechnet werden, wenn de Arbeitnehmer in einem hiergegen angestrengten Kündigungsschutzverfahren letztlich obsiegt.

 

Normenkette

RVO §§ 394-395; SGB IV § 28g

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.08.1989; Aktenzeichen 8 Ca 300/88)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.12.1993; Aktenzeichen 5 AZR 326/93)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main vom 01. August 1989 – Az.: 8 Ca 300/88 – zu Ziff. II 2 des Urteilstenors dahin geändert, daß die Klägerin an die Beklagte und Widerklägerin einen weiteren Betrag von 1.000,– DM (i.W.: eintausend Deutsche Mark) brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus zu errechnenden Nettobezug seit dem 01. November 1988 zu zahlen hat.

Im übrigen wird die Berufung der Beklagten, soweit sie deren Widerklage betrifft, zurückgewiesen.

Die Anschlußberufung der Klägerin wird gleichfalls zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 1,9 % der Klägerin und zu 98,1 % der Beklagten auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 78.144,38 DM festgesetzt.

Soweit die Beklagte mit ihrer Widerklage eine Erstattung von Sozialabgaben für die Zeit vom 01. August 1984 bis 31. Juli 1988 in Höhe von 23.790,25 DM (i.W.: dreiundzwanzigtausendsiebenhundertneunzig 25/100 Deutsche Mark) begehrt, wird die Revision, zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 26. Okt. 1954 geborene und verheiratete Beklagte war seit dem 01. Dez. 1979 bei der Klägerin als Sekretärin beschäftigt und zuletzt als Alleinsekretärin des Personalleiters eingesetzt; ihr monatliches Gehalt belief sich seit Aug. 1988 unstreitig auf 3.600,– DM brutto.

Zwischen den Parteien war seit dem Jahre 1982 eine Vielzahl von Rechtsstreiten anhängig, darunter auch einige Kündigungsschutzklagen der Beklagten, mit denen sie sich jeweils gegen ihr ausgesprochene außerordentliche oder ordentliche Kündigungen der Klägerin zur Wehr setzte. Diese Kündigungsschutzklagen der Beklagten wurden jeweils zugunsten der Beklagten entschieden, wobei die nach dem gewünschten Beendigungstermin zeitlich letzte Kündigung der Klägerin, nämlich ihre mit Schreiben vom 09. Dez. 1987 vorsorglich ausgesprochene außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist zum 31. März 1988, durch Urteil des Arbeitsgerichts vom 08. März 1988 für rechtsunwirksam erklärt wurde (Az.: 8 Ca 725/87 Arbeitsgericht Frankfurt/Main); jenes Urteil wurde der Klägerin am 12. April 1988 in vollständiger Ausfertigung zugestellt und – mangels einer Berufungseinlegung durch sie – insofern mit dem 12. Mai 1988 rechtskräftig. Desgleichen wurde die zeitlich vorausgegangene Kündigung der Klägerin, nämlich ihre mit Schreiben vom 10. Aug. 1984 ausgesprochene außerordentliche Kündigung, durch Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 23. Juni 1988 rechtskräftig für unwirksam erklärt (Az.: 8 Ca 336/84 Arbeitsgericht Frankfurt/Main – Bl. 93–96 d.A. – bzw. 3 Sa 713/87 LAG Frankfurt/Main); wegen aller näheren Einzelheiten jenes weiteren Urteils wird auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe (Bl. 400–411 der zuletzt zitierten BA) verwiesen. Bereits zuvor hatte das Landesarbeitsgericht F. auch die zeitlich nochmals vorausgegangene, mit Schreiben der Klägerin vom 30. Dez. 1983 ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 31. März 1984 – nach wechselhaftem, bis zur Revisionsinstanz führendem Prozeßverlauf – durch Urteil vom 19. Nov. 1987 abschließend für rechtsunwirksam erklärt (Az.: 8 Ca 12/84 Arbeitsgericht Frankfurt/Main bzw. 9 Sa 669/87 LAG Frankfurt/Main); auch insoweit wird wegen aller näheren Einzelheiten auf die vollständige Ausfertigung jenes LAG-Urteils (Bl. 352–376 der zuletzt zitierten BA) verwiesen.

Mit dem prozessualen Abschluß der 3 vorerwähnten Kündigungsrechtsstreite war zugleich die entscheidende Voraussetzung für eine Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit der Beklagten, nämlich der seit Ende Juni 1988 abschließend festgestellte Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien, erfüllt; gleichwohl kam es – trotz wiederholter Angebote der Klägerin – seitens der Beklagten nicht mehr zu einer Wiederaufnahme der Arbeit.

Nach mehreren, an die Beklagte bis zum 08. Aug. 1988 entrichteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 107.184,– DM erteilte die Klägerin der Beklagten ferner mit Schreiben vom 17.06.1988, 08.08.1988, 12.08.1988, 12.09.1988 und 13.09.1988 (Bl. 23, 14, 11, 45, 32–38 d.A.) für den Zeitraum bis Juli 1988 verschiedene Abrechnungen über rückständige Gehälter einschließlich der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und steuerlichen Abzüge, Url...

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