Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. betriebliche Übung. Mitbestimmung, billiges Ermessen
Leitsatz (amtlich)
Die Abänderung einer Regelung der betrieblichen Altersversorgung, die durch betriebliche Übung entstanden ist, bedarf grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats (Aufgabe der Auffassung des Urteils der Kammer vom 02.06.2004 – 8 Sa 1771/03).
Normenkette
BetrVG §§ 315, 87 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wetzlar (Urteil vom 21.04.2004; Aktenzeichen 2 Ca 704/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts in Wetzlar vom 21. April 20044 – 2 Ca 704/03 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.002,37 EUR (in Worten: Dreitausendzwei und 37/100 Euro) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06. Dezember 2003 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01. November 2003 über die anerkannten 1.339,50 EUR (in Worten: Eintausenddreihundertneununddreißig und 50/100 Euro) weitere 103,53 EUR (in Worten: Hundertdrei und 53/100 Euro) betriebliche Altersversorgung zu zahlen
Der Kläger hat 58 % der Kosten, die Beklagte 42 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Betriebsrente des Klägers ein Pensionshöchstbetrag von 40 % seines Gehalts zugrunde zu legen ist.
Der am 02. November 1936 geborene Kläger war vom 01. Mai 1956 bis zum 28. Februar 2001 bei der Beklagten in der Abteilung Finanzen/Bilanzen angestellt. Eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden nur noch: Beklagte) hatte dem Kläger im August 1969 Altersversorgung zugesagt nach den Bedingungen für die Gewährung von Ruhegeldern und Hinterbliebenenbezüge an Angestellte (vgl. Anlagen A 1, Bl. 250 und A 4, Bl. 265 d.A. zum Schriftsatz des Klägers vom 17.11.2004). Das Ruhegeld sollte sich dabei nach einem Höchstbetrag richten. Die Versorgungszusage 1969 bestimmt dazu:
„4.
Der Höchstbetrag Ihres Ruhegeldes betragt monatlich
DM 800,00.
Das Ruhegeld steigt vom Beginn Ihres ruhegehaltsfähigen Dienstalters bis auf diesen Höchstbetrag wie folgt an: Es errechnet sich für die ersten fünf Dienstjahre auf 30 v.H. (unter Berücksichtigung der Wartezeit gemäß Ziff. 2 a) und steigt in den nächsten zehn Dienstjahren jedes Jahr um 5 v.H. und für jedes weitere Dienstjahr um 2 v.H. Ihres 50 %igen monatlichen ruhegehaltsfähigen Einkommens, berechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre.
Das Ruhegeld darf zusammen mit den vollen in Ziff. 9 der Richtlinien genannten gesetzlichen Rentenversicherung 70 v.H. der Dienstbezüge des Angestellten nicht übersteigen. …”
Zu diesem Zeitpunkt betrug das Monatsgehalt DM 2.000,00, der Höchstbetrag nach der Versorgungszusage mithin 40 % des Bruttogehalts. In den Folgejahren erhielt der Kläger Mitteilungen, wenn der Höchstbetrag erhöht wurde. Während das Gehalt des Klägers jedes Jahr erhöht wurde, erfolgten in machen Jahren keine Mitteilungen über eine Erhöhung des Höchstbetrages (vgl. die Aufstellung im Schriftsatz des Klägers vom 17.11.2004, Bl. 240 d.A. und die Anlage B 3, Bl. 31 d.A. zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.02.2004).
Im August 1982 erteilte die Beklagte dem Kläger eine neue Versorgungszusage (Versorgungszusage 1982) mit einem für die außertariflichen und leitenden Angestellten der Beklagten gleich lautenden Text und gleich lautenden Bedingungen. Beim Wesentlichen gleich bleibenden Bedingungen heißt es dort hinsichtlich des Höchstbetrages:
„4
(1) Der Höchstbetrag des monatlichen Ruhegeldes wird Ihnen mit besonderen Schreiben mitgeteilt. Er wird vom Beginn des ruhegehaltsfähigen Dienstalters an wie folgt erreicht:
(a) nach 5 Jahren mit 30 v.H.,
(b) mit jedem weiteren Dienstjahr mit je 7 v.H., so dass er
(c) mit 15 anrechenbaren Dienstjahren erreicht ist,
wobei jedes angefangene Kalenderjahr als volles Dienstjahr gilt.”
Wegen des gesamten Textes wird auf Bl. 42 ff. d.A. verwiesen.
Die Beklagte teilte dem Kläger Erhöhungen des Höchstbetrages und des Gehalts, soweit sie erfolgten, schriftlich mit.
Im September 1989 fasste der Vorstand der B. A. einen Beschluss über die Festlegung der Pensionshöchstbeträge für die Unternehmen der Gruppe B. zu der die Beklagte gehörte. Danach sollte der Pensionshöchstbetrag in Abhängigkeit vom ruhegehaltsfähigen Einkommen zwischen 32 % und 40 % betragen, entsprechend einer Staffel der ruhegehaltsfähigen Einkommen, die entsprechend der Entwicklung der Beitragsbemessungshöchstgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung jährlich fortgeschrieben werden sollte (Vorstandsbeschfuss 1989). Wegen des genauen Inhalts dieses Beschlusses wird auf Bl. 11, 12 d.A. verwiesen. Diesem Beschluss lag ein Vermerk der für die Verwaltung und Abwicklung von individuellen Pensionsverträgen zuständigen Angestellten zugrunde. Darin heißt es, dass Pensionshöchstbeträge bei der B. A. bis einschließlich 1987 grundsätzlich in Höhe von ca. 40 % des monatlichen Bruttogehalts festgesetzt wurden (Wortlaut Bl. 6–9 d.A.). De...