Entscheidungsstichwort (Thema)
TV Sozialkassenverfahren des Baugewerbes. Beitragspflicht eines Mischbetriebs. Verschweißen von Folienbahnen zu großen Abdeckfolien
Orientierungssatz
1. Wenn eine Deponie, Lagerstätte, Teile einer Kläranlage o.ä. dauerhaft mit einer Folie nach oben abgedichtet werden müssen, z.B. um das Eindringen von Regen oder anderem Oberflächenwasser zu verhindern, gehört die Folie zu diesem Bauwerk. Die durch Verschweißen von Folienbahnen hergestellten Abdeckfolien werden daher von § 1 Abs 2 Abschn II Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) erfasst, denn sie dienen iSd. Norm „der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken”.
2. Das Verschweißen von Folienbahnen zu großen Abdeckfolien vor Ort auf der Baustelle, die dann durch Dritte in ein Bauwerk (Deponie) eingebaut werden, ist eine bauliche Tätigkeit und geschieht nicht „ohne baulichen Zusammenhang”.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 5 Ca 2754/09) |
Nachgehend
BAG (Beschluss vom 03.02.2012; Aktenzeichen 10 AZN 2003/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 16. September 2010 – 5 Ca 2754/09 – wird abgewiesen, wobei klarstellend festgestellt wird, dass die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung entsprechend dem aufrecht erhaltenen Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. Mai 2010 gegenstandslos ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug nach übereinstimmend erklärter Teilerledigung des Rechtsstreits noch darum, ob die Beklagte der Klägerin gemäß dem Sozialkassentarifvertrag des Baugewerbes Beiträge schuldet.
Die Klägerin ist organisiert in der Rechtsform einer AG. Sie war als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte hat ihren Sitz in A/B und führt nach ihren Angaben ausschließlich Schweißarbeiten an Metall und Kunststoff aus. Im Kopf des von ihr verwendeten Geschäftspapiers führt sie folgende Tätigkeiten an:
„Metall – Schweißerei, Metallbau, Apparatebau, Designermöbel; Kunststoff – Flächenabdichtung mit PEHD im Deponiebau, Betonverbundsysteme, Bauwerksabdichtung, Rückhalte- und Sammelbecken, Behälterbau, Sonderformteile, PEHD-Rohrleitungsbau” (vgl. z.B. Bl. 10 d.A.).
Sie ist Mitglied der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Betrieb der Beklagten unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) falle. Diese unterhalte einen Betrieb für Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit. Die Klägerin hat die Beklagte ab 2009 in ursprünglich zwei Verfahren, welche durch das Arbeitsgericht Wiesbaden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, auf Beiträge für die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005 und auf Auskunft für die Zeitspanne von Dezember 2005 bis Dezember 2007 in Anspruch genommen.
Über die Auskunftsansprüche der Klägerin ist gegen die Beklagte vor der Verbindung der Rechtsstreite am 06. Mai 2010 ein Versäumnisurteil ergangen. Wegen dessen Inhalt wird auf. Bl. 3 d.A. des Ausgangsrechtsstreits mit dem Aktenzeichen – 5 Ca 2903/09 – verwiesen.
Die Klägerin hat Mindestbeiträge für 16 gewerbliche Arbeitnehmer pro Monat berechnet, wobei sie ausgehend von dem durchschnittlichen Tariflohn „West” für Dezember 2004 je Arbeitnehmer 493,00 EUR und für die Monate von Januar bis November 2005 je 477,00 EUR ansetzte. Außerdem hat sie für insgesamt vier Angestellte jeweils 39,00 EUR pro Monat geltend gemacht. Die Klägerin hat ihrem Auskunftsantrag dann zu Grunde gelegt, dass die Beklagte ab Dezember 2005 bis Dezember 2007 durchschnittlich 15 gewerbliche Arbeitnehmer und drei Angestellte beschäftigte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
an sie 90.850,00 EUR zu zahlen
sowie das Versäumnisurteil vom 06. Mai 2010 aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, ihr Betrieb sei in den entsprechend der Klage erheblichen Jahren von 2004 bis 2007 nicht von dem VTV erfasst gewesen. Sie hat behauptet, sie führe mit ihren Arbeitnehmern folgende Leistungen aus:
- Metall- und Schweißarbeiten,
- Apparatebau
- Abdichtung von individuell gestalteten Schwimm-, Garten- und Fischteichen
- Biogasfassung
- Flachdachabdichtungen
- Großflächenabdichtungen
- Trinkwasserbehälter.
Zu 80% verarbeite sie den Rohstoff Polyehtylen. Es handele sich um das Konfektionieren und Zusammenfügen von industriell gefertigten Platten und Folien aus PE nach individuellem Anspruch des Auftraggebers, überwiegend vor Ort. Sie hebe keine Erdbecken aus, profiliere kein Gelände, decke keine Bahnen mit Erdreich ab, führe keine Baumaschinen und erledige keine Erd- oder Betonarbeiten. Diese Leistungen würden durch Tief...