Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachlicher Geltungsbereich des VTV-Maler. Verpflichtung eines Betriebes, der Korrosionsschutz- sowie Entrostungs- und Oberflächenbeschichtungsarbeiten an Schiffen auf Werften ausführt zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren im Maler- und Lackiererhandwerk. Begründete Beitragsklage der Urlaubskasse. Maler (Bereich: Korrosionsschutz): keine industrielle Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Betrieb, der Korrosionsschutz- sowie Entrostungs- und Oberflächenbeschichtungsarbeiten an Schiffen auf Werften ausführt, ist verpflichtet, am Sozialkassenverfahren im Maler- und Lackiererhandwerk teilzunehmen, sofern es sich um eine handwerkliche und nicht um eine industrielle Tätigkeit handelt (hier: bejaht).
Normenkette
TVG § 1 (Tarifverträge: Bau); VTV-Maler
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 07.09.2012; Aktenzeichen 8 Ca 1313/11) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 07.09.2012 - 8 Ca 1313/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Beiträge zur Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk zu entrichten.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Maler- und Lackiererhandwerks. Er ist nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub und die Zusatzversorgung im Maler- und Lackiererhandwerk vom 23. November 2005 (VTV-Maler) in seiner jeweils gültigen Fassung zum Einzug der Beiträge zur Urlaubskasse im Maler- und Lackiererhandwerk berechtigt. Er nimmt die Beklagte mit der am 07. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangenen und der Beklagten am 03. Januar 2012 zugestellten Klageschrift auf Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate November 2009 bis Februar 2011 in Anspruch, wobei er die vom Steuerbüro der Beklagten unter Berücksichtigung einer späteren Korrekturmeldung gemeldeten Beiträge zugrunde legt.
Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, in welchem arbeitszeitlich gesehen überwiegend Korrosionsschutzarbeiten wie Entrostungs- und Oberflächenbeschichtungsarbeiten an Schiffen auf Werften einschließlich Zusammenhangstätigkeiten anfielen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei beitragspflichtig, da sie im Klagezeitraum dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV-Maler in Verbindung mit § 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV-Maler) unterfallen sei.
Der Kläger hat zuletzt, nachdem er die Klage in Höhe von Euro 390,17 zurückgenommen hatte, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 35.923,01 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Betrieb nicht als Ganzes dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV-Maler unterfallen sei, da für diejenigen gewerblichen Arbeitnehmer, die die Korrosionsschutzarbeiten nicht "mit eigener Hand" ausführten, keine Beitragspflicht bestünde. Das gelte etwa für Helfer, die von der Beklagten mit dem Auf- und Abbau der Strahltechnik sowie mit unterstützenden Tätigkeiten beschäftigt würden. Auch beschäftige die Beklagte gewerbliche Arbeitnehmer als Schläuchezieher, die die Schläuche für das Strahlgut verlegten und installierten. Weiter würden Maschinen durch sogenannte Pottmänner und Schieber betrieben, um die Verteilung des Strahlgutes und die entsprechende Zuführung sicherzustellen. Des Weiteren würden Arbeitnehmer mit der Sicherstellung der Kommunikation zwischen den verschiedenen auf der Baustelle tätigen Beschäftigten eingesetzt. Schließlich seien Reinigungskräfte im Büro, Kranfahrer und Boten im Betrieb beschäftigt. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, nur für diejenigen gewerblichen Arbeitnehmer beitragspflichtig zu sein, die die eigentliche Korrosionsschutzarbeit verrichteten.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 07. September 2012 - 8 Ca 1313/11 - der Klage stattgegeben. Es hat unter anderem ausgeführt, dem Kläger stünde der geltend gemachte Beitragsanspruch gemäß § 5 Nr. 1 VTV-Maler zu, da im Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend Maler- und Lackiererarbeiten verrichtet worden seien. Zu den Arbeiten des Maler- und Lackiererhandwerks gehörten nicht nur die eigentlichen Kerntätigkeiten, sondern darüber hinaus auch alle Arbeiten, die branchenüblich und zur sachgerechten Ausführung der Tätigkeit auf dem Gebiet des Maler- und Lackiererhandwerks notwendig seien. Dazu gehöre etwa der Transport von Materialien sowie das Einrichten oder das Reinigen und Aufräumen der Baustelle. Diese Tätigkeiten seien Zusammenhangstätigkeiten. Die im Betrieb der Beklagten ausgeführten Korrosionsschutzarbeiten wie Entrostung und Oberflächenbeschichtung seien solche des Maler- und Lackiererhandwerks. Im Rahmen der Berufsausbildung für den Maler und Lackierer sei...