Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Keine Anpassung der Betriebsrente infolge außerordentlicher Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Die außerordentliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung durch § 275 c SGB 6 zwingt nicht zu einer ergänzenden Vertragsauslegung (Abweichung von BAG v. 21.04.2009 - 3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/08). Es handelt sich um einen Fall der Störung der Geschäftsgrundlage. Nur bei Unzumutbarkeit der Folgen kann eine Anpassung verlangt werde.
Normenkette
SGB VI §§ 159, 275c; BGB §§ 157, 313
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 410/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. September 2011 - 2 Ca 410/10 - abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Zusammenhang mit der außerordentlichen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) zum 01. Januar 2003 über die Berechnung der Betriebsrente des Klägers.
Der Kläger war lange Jahre bei der Beklagten angestellt.
Er hat Anspruch auf Altersversorgung durch die Beklagte nach den "Regeln der Altersversorgung für Gehaltsempfänger der Adam Opel AG" vom 01. Januar 1968 in der Fassung vom 01. Juli 1970 (fortan: Versorgungsordnung). In dieser ist u. a. geregelt:
"§ 4 Rentenhöhe
Soweit im § 6 nicht anders bestimmt, beträgt die monatliche Alters- oder Invalidenrente
0,6 % des durchschnittlichen monatlichen Grundgehaltes (§ 12 Abs. 4) aber nicht weniger als DM 5,- für jedes gemäß § 5 dieser Regeln anrechenbare Dienstjahr,
+
für jedes gemäß § 5 dieser Regeln anrechenbare Dienstjahr 1 % des Betrages, um den das durchschnittliche monatliche Grundgehalt den Betrag der durchschnittlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 12 Abs. 6) übersteigt.
...
§ 12 Begriffsbestimmungen
...
(4) Durchschnittliches monatliches Grundgehalt
Das durchschnittliche monatliche Grundgehalt beträgt 1/16 des Grundgehalts des Gehaltsempfängers, während der letzten 60 Kalendermonate vor der Übernahme in die Altersversorgung, gleichgültig, ob er tatsächlich Gehalt bezogen hat oder nicht.
(5) Beitragsbemessungsgrenze
Die Beitragsbemessungsgrenze bezeichnet die Obergrenze des monatlichen Bruttogehaltes, bis zu der von der Firma Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten einbehalten werden.
(6) Durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze
Die durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze beträgt 1/16 der Summe der Beitragsbemessungsgrenze in der letzten 60 Kalendermonate vor dem Monat, mit dem die Zahlung der Invalidenrente oder der Altersrente beginnt oder "bei späterer Pensionierung" während des Zeitraumes von 60 Kalendermonaten, der mit dem Monat endet, in dem der Werksangehörige das 65. Lebensjahr vollendet.
..."
Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 16. März 2011 verwiesen.
Gemäß § 3 Ziff. 1 der nach § 160 SGB VI erlassenen Verordnung über die maßgebenden Rechengrößen der Sozialversicherung für 2003 vom 17. September 2002 war die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellte für das Jahr 2003 zunächst auf 55.200,00 EUR jährlich und 4.600,00 EUR monatlich festgesetzt worden. Durch Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Dezember 2002 wurde § 275 c SGB VI eingefügt. Diese Vorschrift trat zum 1. Januar 2003 in Kraft und legte die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten für das Jahr 2003 auf 61.200,00 EUR jährlich und 5.100,00 EUR monatlich fest. Zudem wurden die ungerundeten Ausgangswerte für die Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 2004 festgelegt. Dies hatte zur Folge, dass sich die einmalige stärkere Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 2003 um 500,00 EUR im Ergebnis auch für die folgenden Jahre bei der Fortschreibung der Beitragsbemessungsgrenze durch Verordnung gemäß § 160 SGB VI auswirkt und auswirkte. Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2008 beträgt 5.300,00 EUR monatlich (63.600,00 EUR jährlich).
Die Beklagte zahlt dem Kläger seit dem 01. Juli 2009 eine monatliche Betriebsrente von 6.974,80 € brutto.
Bei der Berechnung legte die Beklagte die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung der letzten 60 Monate vor Rentenbeginn zugrunde. Wäre die außerordentliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahre 2003 unberücksichtigt geblieben, hätte sich eine um 167,69 € höhere Betriebsrente für den Kläger ergeben. Die auf die außerordentliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung führten zu einer Erhöhung der gesetzlichen Rente um 22,45 € monatlich.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die Rente zu, die sich e...