Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bei tarifl. Ansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine am verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte Auslegung tariflicher Ansprüche gebietet den Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) so auszulegen, dass eine Anspruch auf eine kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K) auch dann noch nach dem 31. Dezember 1993 entstehen kann, wenn der Ehegatte eines ansich anspruchsberechtigten Arbeitnehemers unverschuldet aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet und damit weder der Arbeitnehmer noch sein Ehegatte anspruchsberechtigt sind für kinderbezogene Sozial- bzw. Ortszuschläge oder ensprechende kinderbezogene Leistungen.

 

Normenkette

Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer § 7; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.01.2001; Aktenzeichen 5 Ca 5640/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.03.2004; Aktenzeichen 6 AZR 670/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 2001 – 5 Ca 5640/99 – abgeändert

Das am 13. Juni 2000 verkündete Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main – 5 Ca 5640/99 – bleibt aufrechterhalten.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger ab Juli 1998 nach dem Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) eine kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K) zusteht.

Der Kläger ist seit 19. Oktober 1981 bei der Deutschen Bundesbahn bzw. deren Rechtsnachfolgerin, nunmehr bei der Beklagten DB Cargo AG als Arbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge der Deutschen Bundesbahn bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der DB AG Anwendung.

Der Kläger war verheiratet. Die Ehefrau des Klägers war als Krankenschwester im öffentlichen Dienst beschäftigt. Sie schied wegen einer Leukämieerkrankung mit Wirkung ab Juli 1998 aus dem öffentlichen Dienst aus und bezog Erwerbsunfähigkeitsrente. Im November 1999 ist die Ehefrau des Klägers verstorben.

Der Kläger ist Vater dreier Kinder (geb. am 27.06.1974, am 27.07.1986 und am 27.09.1990). Er bezog bis zum 31. Dezember 1993 gem. § 13 des Lohntarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn (LTV) einen kinderbezogenen Sozialzuschlag.

Zum 01. Januar 1994, dem Zeitpunkt der Neuordnung des Eisenbahnwesens, trat der Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) in Kraft. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt diesem Tarifvertrag.

Der ÜTV regelt die Einkommenssicherung der am 31. Dezember 1993 beschäftigten Arbeitnehmer. So lautet § 7 ÜTV bezüglich der Sicherung kinderbezogener Arbeitsentgeltanteile:

§ 7 Kinderbezogene persönliche Zulage

(1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung einer kinderbezogenen persönlichen Zulage (PZÜ-K) entsprechend den persönlichen Verhältnissen am 31. Dezember 1993.

(2) Die PZÜ-K ist der Beitrag des Sozialzuschlags (§ 13 LTV, § 13 LTV-DR, § 13 Teil B Vz ATV 5) bzw. der des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags (§ 16 AnTV, § 16 AnTV-DR, § 16 Teil C Vz ATV 5) – jeweils einschließlich des ggf. zustehenden besonderen Erhöhungsbetrages – § 3 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2a) …

(3) Ändern sich die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und würde dadurch bei Fortgeltung der v.g. Tarifverträge der Anspruch auf den Sozialzuschlag bzw. auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags – jeweils einschließlich des ggf. zustehenden besonderen Erhöhungsbetrages – ganz oder teilweise entfallen, verringert sich die PZÜ-K um den entsprechenden Betrag.

(4) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, jede Änderung seiner persönlichen Verhältnisse unverzüglich der DB AG mitzuteilen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer im Dezember eines jeden Jahres eine schriftliche Erklärung über den Fortbestand der Voraussetzungen für die Gewährung der PZÜ-K abzugeben. Wird die Erklärung nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, wird die Zahlung der PZÜ-K ab der nächsten Entgeltzahlung eingestellt, bis der Anspruch wieder nachgewiesen wird. Des Weiteren ist die DB AG in begründeten Fällen berechtigt, die Vorlage eines geeigneten Nachweises über den Fortbestand des Anspruchs auf PZÜ-K zu verlangen.

Die Ausführungsbestimmungen zu § 7 (1) ÜTV lauten:

(5) Steht der Ehegatte des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst oder ist er aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt und stünden ihm der Ortszuschlag nach Stufe 3 BBesG oder einer der folgenden Stufen oder Sozialzuschlag nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zu, so besteht kein Anspruch nach Abs. 1.

Satz 1 gilt auch, wenn einer anderen Person für dasselbe Kind kin...

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