Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösung vertragliche Einheitsregelung
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 30.03.2011, 18 Sa 1077/10, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
BGB § 305 ff
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.05.2010; Aktenzeichen 22 Ca 5105/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 2010 – 22 Ca 5105/09 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger gemäß Anhang II der Tarifregelung der Deutschen Postgewerkschaft vom 20./21. Juni 2000, dort § 17 in der bis 31. August 1995 geltenden Fassung, Beihilfe zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Beihilfe und Entgeltfortzahlung nach der 6. Kalenderwoche gemäß den bis Mitte 2008 geltenden Regelungen für Beschäftigte der früheren DPG (Deutsche Postgewerkschaft) zu gewähren.
Die Beklagte wurde im Wege der Verschmelzung der Einzelgewerkschaften Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG), Deutsche Postgewerkschaft (DPG), Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Industriegewerkschaft Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) im März 2001 gegründet.
Der 19XX geborene Kläger stand ausweislich der in der Akte befindlichen Vergütungsabrechnungen seit 29. September 1989 in einem Arbeitsverhältnis zu der DPG, welches dann auf die Beklagte überging. Er war vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der DPG Beamter der Deutschen Post. Der Kläger wurde ab 1991 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20. Dezember 1990 beschäftigt (vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 7 d.A.). Im Arbeitsvertrag war u.a. bestimmt:
„(…)
4. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung für die Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Hiervon ausgenommen ist § 23 Abs. 4.
(…)”
Bei der „Tarifregelung” der DPG (folgend: TR) handelte es sich um allgemeine Arbeitsbedingungen, welche – soweit bestimmte Regelungen nicht durch Betriebsvereinbarung getroffen wurden – durch den Hauptvorstand der DPG beschlossen worden waren. Vor der Beschlussfassung war der Gesamtbetriebsrat an der Erarbeitung der jeweiligen Regelungen über die Personalkommission in einem zwischen den Parteien im Detail streitigen Umfang beteiligt.
Mit Wirkung ab 01. September 2006 vereinbarten die Parteien ein Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell. Der Kläger befindet sich mittlerweile in der Freistellungsphase.
Der Kläger erhielt von der DPG und nach der Verschmelzung von der Beklagten – wie andere ehemalige Beschäftigte der DPG – bis Mitte 2008 Beihilfeleistungen im Krankheitsfall nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes. Im Krankheitsfall wurde ihm seine Vergütung auch nach Ablauf der 6. Woche seit Beginn der Erkrankung fortgezahlt. Der Kläger hatte zur weiteren Abdeckung seiner Krankenkosten und der seiner Familie eine private Krankenversicherung bei der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) abgeschlossen.
Der Beklagte erbringt wegen der zum 01. Januar 2008 in Kraft getretenen Allgemeinen Arbeitsbedingungen (folgend: AAB, Anlage B 9 zum Schriftsatz der Beklagen vom 21. März 2011, Bl. 460 – 485 d. A.) und flankierenden Gesamtbetriebsvereinbarungen keine den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes entsprechende Beihilfe mehr an Arbeitnehmer. Eine derartige Beihilfe erhalten nur diejenigen ehemaligen Arbeitnehmer (und frühere Beschäftigte der DPG), welche bis zum 31. Juli 2008 in den Ruhestand gingen. Außerdem zahlt die Beklagte an ihre Arbeitnehmer nur einen nach Beschäftigungsdauer gestaffelten Zuschuss zum Krankengeld nach Ablauf der 6. Krankheitswoche.
Hintergrund der Regelungen zu Beihilfen und Krankheitsbezügen bei der ehemaligen DPG war gewesen, dass dort viele ehemalige Beamte der Deutschen Post arbeiteten.
Dem Inkrafttreten der AAB ist folgende für diesen Rechtstreit maßgebliche Entwicklung vorausgegangen:
a)
Vor ihrer beabsichtigten Verschmelzung hatten die fünf Gründungsgewerkschaften mit ihren jeweiligen Gesamtbetriebsräten am 18. Mai 2000 eine „Grundsatzvereinbarung zur Gründung und Aufbau von ver.di” beschlossen (folgend: Grundsatzvereinbarung). Darin wurde geregelt (vgl. Anlage K 5 zur Klageschrift, Bl. 38 – 42 d.A):
„(…)
1.
Mit der Eintragung der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz gehen alle bei den Gewerkschaften bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, wie sie zum Zeitpunkt der Verschmelzung bestehen, auf ver.di über.
Die allgemeinen Anstellungsbedingungen und -regelungen der fünf Gewerkschaften gelten jeweils für die aus ihrem ursprünglichen Geltungsbereich stammenden Beschäftigten über den Zeitpunkt der Verschmelz...