Leitsatz (amtlich)
Zur fairen Organisation zweier vertraglich geschuldeter Verlängerungsprüfungen für eine Fluglizenz als Copilot (Type DC 8 – F)
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung das Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt von 14.04.1993 – 9 Ca 408/92 – wird auch unter Abweisung der Klageerweiterung zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung aus einem Wert des Berufungsgegenstandes von DM 105.393,– trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger wegen Außerkrafttretens seiner Fluglizenz als Copilot befristet kündigen konnte, oder ob sie es zu vertreten hat, daß zwei Simulator-Checks des Klägers zur Erneuerung seiner Lizenz als nicht bestanden bewertet wurden und deshalb die Beklagte dem Kläger vertraglich noch ein bis zwei Erneuerungschecks schuldet, ihn deshalb so lange weiterzutrainieren, zu prüfen und weiterzuvergüten hat sowie Ersatz allen daraus entstandenen Schadens schuldet.
Der am 25.03.1948 geborene Kläger ist verheiratet und stand seit 01.04.1989 als 1. Offizier (Copilot) in einem Arbeitsverhältnis mit der Firma S., die ihn zunächst für den Flugzeugtyp DC-8 hochschulte und ihn dann zusammen mit weiteren Frachtflugzeugen und Bedienungspersonal über die Firma C. an die Beklagte mitvermietete (s. BAG vom 17.02.1993 – 7 AZR 167/92). Dieser Vertrag war bis 31.03.1994 befristet. (vgl. Bl. 48 – 57 in englischer Sprache, aus vorangegangen Verfahren gerichtsbekannt).
Am 28.09.1990 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach welchem der Kläger ab 01.01.1991 eine Tätigkeit als 1. Offizier/Copilot bei der Beklagten aufnahm. (Wortlaut Bl. 4/5). Daraus wurde für den Kläger im Monat August 1992 ein Grundgehalt von DM 8.014,– brutto und ein Gesamtbrutto von DM 9.716,40 abgerechnet (vgl. Bl. 70 d. A.). In der darin vereinbarten Beschäftigungsordnung der Beklagten (Bl. 58 – 62) heißt es:
„§ 3
Erlaubnisscheine
Jeder Mitarbeiter ist selbst verantwortlich für die Ausstellung und Aufrechterhaltung der behördlichen Erlaubnisse oder Bestätigungen (z.B. über ein abgelegtes Sicherheitstraining, eine flugärztliche Tauglichkeitsuntersuchung u.a.), deren er zur Ausübung seiner Tätigkeit bei … bedarf. … trägt zu diesem Zweck für die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters die Kosten für die Ausstellung, Erneuerung, Verlängerung und Ergänzung von Erlaubnisscheinen/behördlichen Bestätigungen sowie die Kosten der ärztlichen Pflichtuntersuchungen und einer vom Fliegerarzt angeordneten Tropentauglichkeitsuntersuchung.
§ 9
Probezeit und Kündigung
Verliert der Mitarbeiter die Berechtigung (Lizenz) zur Ausübung seines Berufes durch Verfall oder Entzug der behördlichen Erlaubnis, entfällt mit dem Tage des Lizenzverlustes jeder Vergütungsanspruch, es sei denn, … habe den Verlust der Erlaubnis zu vertreten.
Hat … den Verlust nicht zu vertreten, so ist sie berechtigt, das Arbeitsverhältnis nach Kenntnis des Sachverhaltes unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen, sofern nicht ein Grund zur fristlosen Kündigung gegeben ist.
Das gleiche gilt, wenn der Mitarbeiter die behördlich vorgesehenen Checks nicht besteht. Im Falle des zweimaligen Nichtbestehens in Folge ist … zu keiner weiteren Nachschulung und Wiederholung des Checks verpflichtet.”
Für seine vertragliche Tätigkeit benötigt der Kläger eine Fluglizenz, die grundsätzlich bis zum 20.06.1995 erteilt war, für diese Zeit aber nur gültig bleibt, wenn der Kläger durch anfangs halbjährlich, zuletzt vierteljährlich von der Beklagten vorgegebene Erneuerungschecks seine Flugfähigkeit nachweist. Deshalb war ihre aktive Gültigkeit im Beiblatt A 1 zum Luftfahrerschein des Klägers bis zum 20.06.1992 befristet (= Bl. 14 d. A.).
Der Kläger fehlte krankheitshalber im Jahre 1991 an 45 Tagen und im Jahre 1992 vom 05.04. – 28.06. an 86 Tagen und vom 15.09. – 22.10. an 38 Tagen. Bis 28.06.1992 unterzog sich der Kläger einer freiwilligen Alkoholentziehungskur, die die Beklagte für sich anonym anbieten ließ und förderte, und konnte deshalb einen rechtzeitigen Verlängerungscheck nicht ablegen.
Am 29.06. oder 01.07.1992 sprach der Kläger mit dem inzwischen verstorbenen Flottenkapitän S. über seine weitere Verwendung, strebte dabei nach eigenem Vorbringen zunächst eine umgehende Wiederbelebung seiner abgelaufenen Lizenz an, nahm aber schließlich seinen Jahresurlaub vom 01.07. – 26.07.1992. Weiter wurde abgesprochen, daß der Kläger danach – wie betriebsüblich – zwei Trainingseinheiten auf dem für DC-8-Flugzeuge anerkannten Simulator in Stockholm nehmen sollte, um sich danach dem Erneuerungscheck zu stellen. Den Urlaub verbrachte der Kläger nach seinen Angaben im ersten Berufungstermin mit Radfahren und dem Fliegerhandbuch. Am 19.08. und 20.08.1992 absolvierte der Kläger die zwei Trainingseinheiten unter Kapitän M., der danach erklärt haben soll, er könne sich nicht vorstellen, daß der Kläger mit den Checks größere Schwierigkeiten ha...