Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzklage. Rechtskraft

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt das Arbeitsgericht durch rechtskräftiges Urteil einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG statt, steht damit gleichzeitig rechtskräftig fest, dass zu dem Termin, zu dem die Kündigung ausgesprochen worden ist, zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Aus diesem Grunde muss einer weitere Kündigungsschutzklage, mit der sich der Arbeitnehmer gegen eine spätere, zum nämlichen Kündigungstermin ausgesprochene Kündigung wehrt, ohne weiteres Erfolg haben.

 

Normenkette

KSchG § 4; ZPO §§ 322, 520

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 12.07.2002; Aktenzeichen 2 Ca 350/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 12. Juli 2002 – 2 Ga 350/01 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. Juni 2001 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die 1953 geborene, ledige Klägerin war seit 01.06.1975 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21.08.1975 (Bl. 5/6 der Beiakten 2 Ca 478/97 Arbeitsgericht Marburg), in dem die Geltung der Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) in der jeweils gültigen Fassung vereinbart ist, bei der Beklagten, einer Stiftung des öffentlichen Rechts, die ein Altenheim mit Pflegeeinrichtung betreibt und ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt, als Küchenhilfe zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt ca. DM 3.500,00 brutto beschäftigt.

Mit Schreiben vom 25.07.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht aus verhaltensbedingten Gründen. Die von der Klägerin dagegen erhobene Klage wies das Arbeitsgericht Marburg mit Urteil vom 29.05.1998 – 2 Ca 478/97 – nach Beweisaufnahme ab, auf die daraufhin von der Klägerin eingelegte Berufung gab das Landesarbeitsgericht mit am 27.01.2000 verkündeten Urteil der Klage statt (12 Sa 2415/98 HessLAG).

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 12.04.2000 (Bl. 6 der Beiakten 2 Ca 200/01 Arbeitsgericht Marburg) unter Berufung auf § 10 BMT-G II und erneut mit Schreiben vom 17.11.2000 aufgefordert hatte, sich psychiatrisch auf ihre Arbeitsfähigkeit untersuchen zu lassen, wurde die Klägerin von dem ärztlichen Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marburg-Süd untersucht. Das psychiatrische Gutachten (Bl. 32–57 d.A.) wurde der Beklagten zugeleitet.

Mit Schreiben vom 24.04.2001 (Bl. 10/10 R der Beiakten 2 Ca 200/01), der Klägerin am 27.04.2001 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin außerordentlich aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2001 mit der Begründung, aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens stehe fest, dass die Klägerin auf Dauer zur Erbringung ihrer Arbeitsleistungen außer Stande sei.

Mit weiterem Schreiben vom 28.06.2001 (Bl. 4–5 d.A.), der Klägerin am 29.06.2001 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin erneut außerordentlich aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2001 wegen dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.

Gegen die Kündigung der Beklagten vom 24.04.2001 erhob die Klägerin Klage. Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 12.10.2001 (2 Ca 200/01) stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 24.01.2001 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung führte es aus, es fehle an einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats, außerdem sei die nach den anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen vorgeschriebene Begründung der Kündigung fehlerhaft, weil das medizinische Gutachten wörtlich zitiert worden sei, ohne dass die Klägerin den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden habe.

Mit der vorliegenden, am 16.07.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung vom 28.06.2001.

Die Klägerin hat vorgetragen, eine dauernde Leistungsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankung sei nicht gegeben, außerdem sei die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt, schließlich sei die Personalratsbeteiligung fehlerhaft.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.06.2001 mit Schreiben vom 28.06.2001 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nach dem Ergebnis des ärztlichen Gutachtens, das sie auch ohne Zustimmung der Klägerin und ohne deren Schweigepflichtentbindung verwerten könne, vor. Der Personalrat sei am 28.06.2001 sowohl schriftlich (Bl. 29–31 d.A.) wie auch mündl...

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