Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung gegen 2. Versäumnisurteil
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung gegen ein sog. 2. Versäumnisurteil (§ 345 ZPO) kann darauf gestützt werden, das 2. Versäumnisurteil hätte mangels schlüssiger Klagebegründung nicht gegen den Beklagten erlassen werden dürfen.
2. Die Zustellung eines arbeitsgerichtlichen Urteils ist unwirksam und setzt die normalen Rechtsmittelfristen nicht in Lauf, wenn die Urschrift nicht vom Vorsitzenden des Arbeitsgerichts unterzeichnet worden ist.
3. Zur schlüssigen Begründung einer von der ZVK/Bau nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes erhobenen Auskunftsklage gehört der Vortrag von Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die Beklagtenseite einen Betrieb unterhält, der unter den betrieblichen Geltungsbereich der tarifvertraglichen Regelungen fällt. Der Vortrag, die Beklagtenseite unterhalte einen „Baubetrieb” reicht nicht aus.
Normenkette
ZPO § 513 Abs. 2, §§ 345, 331; ArbGG § 60 Abs. 4, § 9 Abs. 5; TVG Tarifverträge: Bau § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 01.08.1991; Aktenzeichen 5 Ca 2523/90) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das 2. Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 1. August 1991 – 5 Ca 2523/90 – aufgehoben.
Die Sache wird an das Arbeitsgericht Wiesbaden zurückverwiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Auskunftsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger, dei tarifvertraglich bestimmte gemeinsame Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes, hat in seiner der Beklagten am 24.09.1990 zugestellten Klage vorgetragen, die Beklagte sei ihrer in § 27 des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) bezeichnenden Auskunftsverpflichtung für die Monate August 1989 bis Dezember 1989 und Januar, Juni 1990 nicht nachgekommen. Weiter heißt es in der Klageschrift (Bl. 1 R d. A.):
„Diese Verpflichtung besteht, weil die Beklagtenseite einen Baubetrieb unterhält und damit dem räumlichen und betrieblichen/fachlichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 und 2 VTV unterliegt”.
Nachdem das Arbeitsgericht im Gütetermin vom 18.10.1990 die nicht erschienene Beklagte auf entsprechenden Antrag des Kläger hin durch Versäumnisurteil zur begehrten Auskunftserteilung für die Monate August 1989 bis Januar 1990 und für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung innerhalb von sechs Wochen nach Urteilszustellung zu einer Entschädigungssumme in Höhe von 36.000,00 DM verurteilt, die Beklagte gegen dieses ihr am 27.12.1990 zugestellte Versäumnisurteil mit einem am 02.01.1991 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt hatte und die Beklagte trotz Ladung vom 02.04.1991 im Einspruchstermin am 01.08.1991 nicht erschienen war, hat der Kläger beantragt,
den Einspruch der Beklagten gemäß § 345 ZPO durch Versäumnisurteil zu verwerfen.
Das Arbeitsgericht hat diesem Antrag mit Urteil vom 01.08.1991 entsprochen und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 16.10.1990 verworfen. Eine Ausfertigung dieses Urteils wurde der Beklagten – ohne daß der Vorsitzender des Arbeitsgerichts die in den Akten befindliche Urschrift unterzeichnet gehabt hätte – am 10.09.1991 zugestellt. Nach Unterzeichnung der Urschrift durch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts ist das Urteil des Arbeitsgerichts der Beklagten am 19.02.1992 erneut zugestellt worden. Hinsichtlich des Urteilsinhalts wird auf Bl. 21 R d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil des Arbeitsgerichts hatte die Beklagte zunächst mit einem am 09.10.1991 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung mit der Begründung eingelegt, das zweite Versäumnisurteil hätte nicht ergehen dürfen, weil sie in dem Termin, in dem das erste Versäumnisurteil ergangen sei, mangels ordnungsgemäßer Ladung zum Termin nicht säumig gewesen sei. Mit einem weiteren am 13.12.1991 beim LAG eingegangenen Schriftsatz hatte die Beklagte sodann vorgetragen, das zweite Versäumnisurteil hätte nicht ergehen dürfen, da eine schlüssige Klagebegründung nicht vorgelegen habe. Nach erneuter Zustellung des erstinstanzlichen Urteils hat die Beklagte mit einem am 25.02.1992 beim LAG eingegangenen Schriftsatz erneut Berufung eingelegt und diese gleichzeitig sowohl mit fehlender Säumnis bei Erlaß des ersten Versäumnisurteils wie auch fehlender Schlüssigkeit des Klagevorbringens begründet.
Die Beklagte trägt vor, die Ladung zum Termin am 16.10.1990 sei deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Klageschrift der Mutter des Geschäftsführers der Beklagten ausgehändigt worden sei. Diese sei nicht im Betrieb der Beklagten eingestellt, die in der Zustellungsurkunde enthaltene Behauptung, es sei kein besonderes Geschäftslokal vorhanden gewesen, sei falsch. Tatsächlich verfüge die Beklagte im Untergeschoß des fraglichen Gebäudes über ein sogar 30 m² großes Büro, in dem sich die gesamten Geschäftsunterlagen der ...